Der anstehende Brexit zwingt Gesellschafter von englischen Limiteds mit deutschem Verwaltungssitz zum unverzüglichen Handeln. Folgende Alternativen stehen den Gesellschaftern zur Verfügung:

1. Keine Aktivität der Gesellschafter

Handeln die Gesellschafter nicht und lassen sie das Ausscheiden des Vereinigten Königreichs aus der Europäischen Union (im Folgenden: Ausscheiden) auf sich zukommen, kann dies für Ihre Ltd. unangenehme Konsequenzen auslösen:

  • Die Ltd. mit dem Verwaltungssitz in Deutschland wird in eine Personengesellschaft (bei mehreren Gesellschaftern der Ltd.) oder in ein Einzelunternehmen (bei nur einem Gesellschafter der Ltd.) mit dem Ausscheiden umqualifiziert.
  • Die persönliche Haftung der Gesellschafter der neu entstandenen Personengesellschaft oder des neuen Einzelunternehmers für sämtliche Verbindlichkeiten der Ltd. tritt mit dem Ausscheiden in Kraft.
  • Die Vertretung der neuen Personengesellschaft kann Probleme aufwerfen (dies ist aber leicht zu reparieren).
  • Die Umqualifizierung nach Ziffer 1.1. löst eine Liquidationsbesteuerung aus. Es sind z.B. sämtliche stille Reserven im Vermögen der Ltd. „zu heben“ und zu versteuern.

Beispiel: Ist der Buchwert einer Finanzanlage der Ltd. mit 10T € in der Bilanz eingestellt, die Finanzanlage ist tatsächlich 30T € wert (Verkehrswert), sind 20T € stille Reserven zu versteuern.

  • Die Ltd. besteht mit dem Ausscheiden nur aus deutscher Perspektive nicht (mehr), aus britischer Sicht besteht die Ltd. als solche fort. Es kommt zu Verwerfungen (Statutenverdoppelung).

2. Anwachsungsmodell

Das Anwachsungsmodell ist die beste Alternative. Es wird umgesetzt, indem die Beteiligung an der Ltd. auf eine GmbH im Wege einer Kapitalerhöhung übertragen wird. Wird die Ltd. in UK gelöscht, wächst das Vermögen (insbesondere Aktiva und Passiva) der Ltd. bei der GmbH an.

Dieses Modell ist kostengünstig.

Gewichtige Stimmen in der Literatur gehen davon aus, dass eine Anwachsung des Vermögens der Ltd. in das Vermögen der GmbH steuerneutral erfolgen kann. Rechtsprechung oder Verwaltungsanweisungen der Finanzverwaltung existieren naturgemäß nicht. Eine Unsicherheit besteht deshalb.

Nachteile dieser Lösung sind u.a., dass

  • eine Gesamtrechtsnachfolge schwer nachweisbar ist und
  • der Zeitpunkt der Gesamtrechtsnachfolge nur bedingt gesteuert

werden kann.

3. Grenzüberschreitende Verschmelzung

Durch eine grenzüberschreitende Verschmelzung wird das Vermögen der Ltd. ohne Auflösung und im Wege der Gesamtrechtsnachfolge auf eine GmbH übertragen. Die Ltd. geht automatisch unter.

Die Verschmelzung von der Ltd. auf eine GmbH lässt eine Buchwertfortführung zu. Sie ist steuerneutral.

Die persönliche Haftung wegen Fortführung als Personenhandelsgesellschaft oder Einzelunternehmer (siehe Ziffer 1.2.) tritt nicht ein.

Nachteile der grenzüberschreitenden Verschmelzung sind höhere Kosten und die Besorgnis, dass dieser Weg wegen fehlender Kapazitäten in den Gerichten in UK schon nicht mehr möglich sein könnte. Außerdem ist zu befürchten, dass die Gerichte in UK die Übergangsvorschrift in § 122m UmwG nicht anerkennen und darauf verweisen, dass UK nicht mehr Mitglied der Europäischen Union ist und Übergangsregelungen in UK nicht getroffen wurden.

4. Asset Deal

Mithilfe eines Asset Deals wird im Gegensatz zur Gesamtrechtsnachfolge das Vermögen der Ltd. auf eine UG oder GmbH übertragen. Dieses Modell ist kostengünstig.

Nachteil dieser Lösung ist, dass Dauerschuldverhältnisse (z.B. Mietvertrag) und sonstige Verträge nur mit Zustimmung des Gläubigers auf die deutsche Gesellschaft übertragen werden können.

Die Aufdeckung stiller Reserven und deren Versteuerung ist sicher.

5. Grenzüberschreitender Formwechsel

Ein Formwechsel der Ltd. in eine GmbH ist im Rahmen der europäischen Niederlassungsfreiheit zulässig. Aus der Ltd. in UK entstünde eine GmbH in Deutschland.

Allerdings verweigert das Companies House in UK einen Formwechsel und vertritt die europarechtswidrige Auffassung, dass wegen fehlender gesetzlicher Grundlagen in UK ein solcher grenzüberschreitender Formwechsel nicht möglich ist.

6. Formenwechsel in eine SE (Europäische Aktiengesellschaft)

Ein Formwechsel von der Ltd. in eine Europäische Aktiengesellschaft (SE) ist möglich, kommt aber wegen der hohen kosten eher nicht in Betracht.

7. Rückverlegung des Verwaltungssitzes der Ltd. von Deutschland nach UK

Mit einer Rückverlegung des Verwaltungssitzes der Ltd. von Deutschland nach UK entstehen mehr Probleme als Vorteile. Die Rückverlegung kommt deshalb nur in ganz seltenen Fällen in Betracht und soll hier nur als Möglichkeit genannt sein.

8. Löschung der Ltd.

In ganz einfachen Fällen reicht eine kostengünstige Löschung der Ltd. in UK aus.

Wir empfehlen, sehr schnell einen passenden Weg einzuschlagen, um böSE Überraschungen zu vermeiden.