Die Aktiengesellschaft (AG) ist im heutigen Wirtschaftsleben von großer Bedeutung. Große Unternehmen wählen die Rechtsform der AG.
Die Aktiengesellschaft ist eine Handelsgesellschaft kraft Rechtsform, § 3 Abs. 1 AktG. Die AG ist eine juristische Person des privaten Rechts mit eigener Rechtspersönlichkeit, § 1 Abs. 1 Satz 1 AktG. Sie ist voll rechtsfähig und Trägerin von Rechten und Pflichten. Sie kann z.B. Verträge abschließen, Eigentum zu ihrem Gesellschaftsvermögen erwerben, sowie klagen und verklagt werden.
Gründung
Eine AG kann von natürlichen und/oder juristischen Personen gegründet werden. Auch andere rechtsfähige Gesellschaften, z. B. eine GmbH, können Gründungsgesellschafter der AG sein. Regelmäßig besteht die AG aus mehreren Aktionären. Sie kann auch nur von einer Person gegründet werden, als Einmann-AG nach § 2 AktG.
Die Satzung der AG ist in notariell beurkundeter Form durch die Gründer festzustellen, §§ 2 AktG, 23 AktG, 28 AktG. Die Satzung muss mindestens Folgendes enthalten, § 23 Abs. 3 AktG:
- Firma und Sitz der Gesellschaft;
- Gegenstand des Unternehmens;
- Höhe des Grundkapitals;
- die Zerlegung des Grundkapitals entweder in Nennbetragsaktien oder in Stückaktien, bei Nennbetragsaktien deren Nennbeträge und die Zahl der Aktien jeden Nennbetrags, bei Stückaktien deren Zahl, außerdem, wenn mehrere Gattungen bestehen, die Gattung der Aktien und die Zahl der Aktien jeder Gattung;
- ob die Aktien auf den Inhaber oder auf den Namen ausgestellt werden;
- die Zahl der Mitglieder des Vorstands oder die Regeln, nach denen diese Zahl festgelegt wird;
- Form der Bekanntmachungen der Gesellschaft.
Ergänzende Bestimmungen der Satzung sind zulässig, es sei denn, dass das AktG eine abschließende Regelung enthält.
Die Satzung darf von den Vorschriften des AktG nur abweichen, wenn sie ausdrücklich im AktG zugelassen ist.
Gleichzeitig mit der Feststellung der Satzung werden der Aktien durch die Gründungsaktionäre gegen Einlagen übernommen. Mit Übernahme aller Aktien durch die Aktionäre ist die Gesellschaft errichtet, § 29 AktG. Bis zur Eintragung in das Handelsregister besteht die AG als Vor-AG der Gründer.
Sodann folgt die Bestellung des ersten Aufsichtsrats (AR) durch die Gründer.
Der Vorstand wird anschließend durch den AR bestellt, § 30 AktG.
Es folgt eine Gründungsprüfung und Erstattung des Gründungsberichts durch die Gründer sowie der Prüfungsbericht über den Hergang der Gründung der AG durch den „frisch gebackenen“ Vorstand und AR. Gegebenenfalls bei einer qualifizierten Gründung ist zusätzlich eine Sonderprüfung durch einen Gründungsprüfer vorzunehmen, §§ 33 Abs. 2 bis 35 AktG.
Bei Bareinlagen beträgt der eingeforderte Betrag mindestens ein Viertel des Nennbetrags der übernommenen Einlagen. Bei der Ausgabe der Aktien über pari ist auch der Mehrbetrag zu zahlen. Sacheinlagen sind vollständig zu leisten.
Die Anmeldung der Gesellschaft erfolgt durch sämtliche Gründer, Mitglieder des Vorstands und Mitglieder des AR zur Eintragung in das Handelsregister, §§ 36, 37 AktG.
Das Registergericht prüft, ob die Gesellschaft ordnungsgemäß errichtet und angemeldet ist, § 38 AktG.
Mit der Eintragung in das Handelsregister ist die AG errichtet § 6 HGB i.V. mit § 3 AktG. Die AG erlangt durch Eintragung in das Handelsregister, eine eigene Rechtspersönlichkeit. Vor der Eintragung besteht sie rechtlich als Vorgesellschaft.
Inhaberaktien dürfen nur ausgegeben werden, wenn das Grundkapital voll eingezahlt ist. Stehen Einlagen aus, darf die Gesellschaft nur Namensaktien ausgeben oder für den Fall einer baldigen Einzahlung der noch ausstehenden Einlagen die Kassenscheine gegen Zwischenscheine (Interimsscheine) eintauschen, § 10 AktG.
Damit ist die Gründung einer AG abgeschlossen.
Organe der AG
Die Organe einer AG sind die Hauptversammlung, der Aufsichtsrat und der Vorstand.
Hauptversammlung
Die Hauptversammlung (HV) der AG ist der oberste gesetzlich Verwaltungsträger, quasi das „Parlament“ der Gesellschaft. Sie ist das entscheidende Beschlussorgan der AG. Von der HV leiten sich alle anteilsbezogenen Zuständigkeiten direkt und indirekt ab. Gleichwohl kann von einer Gewaltenteilung zwischen den Organen aufgrund zwingender Zuständigkeitenverteilung gesprochen werden. Die Hauptversammlung darf danach nicht in die grundsätzlich unabhängige Vorstandstätigkeit eingreifen. Allenfalls kann die HV ihr Misstrauen in die Amtsführung des Vorstands zum Ausdruck bringen oder die Bestellung des Vorstands nach § 84 Abs. 3 AktG widerrufen.
Die Hauptversammlung ist z. B. zuständig für:
- die Bestellung der von den Aktionären zu wählenden Aufsichtsratsmitglieder, § 101 Abs. 1 AktG;
- die Beschlussfassung über die Verwendung des Bilanzgewinns, § 174 Abs. 1 AktG;
- die Entlastung der Vorstands-und Aufsichtsratsmitglieder, § 120 Abs. 1 AktG;
- die Bestellung des Abschlussprüfers, § 318 Abs. 1 HGB;
- Änderung der Satzung, § 179 Abs. 1 AktG;
- Kapitalerhöhungen und Kapitalherabsetzungen einschließlich der Ausgabe von Wandel- und Genussschuldverschreibungen sowie von Genussrechten, §§ 182,192, 202, 207, 221, 222, 229 und 237 AktG
- die Bestellung von Sonderprüfern, § 142 Abs. 1 AktG;
- die Auflösung der Gesellschaft, § 261 Abs. 1 Nummer 2 AktG;
- die Nachgründung, § 52 Abs. 1 AktG;
- die Kenntnisnahme vom Verlust in Höhe der Hälfte des Grundkapitals, § 92 Abs. 1 AktG;
- die Abberufung der von den Aktionären gewählten Aufsichtsratsmitglieder § 103 Abs. 1 AktG;
- die Zustimmung zu Maßnahmen der Geschäftsführung, §111 Abs. 4, Satz 3 und 4 AktG;
- die Wahl von Sonderprüfern sowie die Geltendmachung von Ersatzansprüchen gegen Vorstand und Aufsichtsrat, §§ 142 Abs. 1, 147 AktG;
- die Feststellung des Jahresabschlusses unter bestimmten Voraussetzungen, §§ 173 Abs. 1, 234 Abs. 2, 270 Abs. 2 AktG;
- die Zustimmung zum Abschluss von Unternehmensverträgen, § 293 Abs. 1 AktG;
- die Zustimmung zur Änderung von Unternehmensverträgen, § 295 Abs. 1 AktG;
- die Eingliederung, §§ 319 Abs. 1 und 2 sowie 320 Abs. 1 AktG;
- die Zustimmung zum Abschluss eines Verschmelzungsvertrags, §§ 13 Abs. 1, 65 UmwG, sowie eines Spaltungsvertrags, § 125 UmwG;
- die Vermögensübertragung, § 176 Abs. 1 UmwG und der Formwechsel, § 193 UmwG
- den Verzicht auf und den Vergleich über Ersatzansprüche, §§ 50, 93 Abs. 4, 116 AktG;
- der Entzug des Vertrauens gegenüber dem Vorstand, § 84 Abs. 3 Satz 2 AktG;
- die Festsetzung der Aufsichtsratsvergütung, § 113 Abs. 1 Satz 2 AktG oder
- die Bestellung und die Abberufung von Abwicklern, § 265 Abs. 2 und 5 AktG.
In der Hauptversammlung wird das Stimmrecht, §§ 12, 134 bis 136 AktG, das Auskunftsrecht §§ 131, 132 AktG, und das Recht auf Teilnahme an der Hauptversammlung, § 123 Abs. 2 bis 4 AktG, ausgeübt.
In der Hauptversammlung werden Hauptversammlungsbeschlüsse durch die Aktionäre gefasst. Sie werden grundsätzlich mit einfache Mehrheit der abgegebenen Stimmen gefasst. Das Aktiengesetz und die Satzung geben Auskunft über das Erfordernis qualifizierter Mehrheiten, wie zum Beispiel bei einer Satzungsänderung (mindestens drei Viertel des bei der Beschlußfassung vertretenen Grundkapitals), § 179 Abs. 2 AktG.
Der Aufsichtsrat
Der Aufsichtsrat ist das Kontroll- und Überwachungsorgan der Aktiengesellschaft. Diese Funktionen beziehen sich ausschließlich auf die Geschäftsführungstätigkeit des Vorstandes. Der Aufsichtsrat hat keine Befugnisse gegenüber dem Personal unterhalb des Vorstands oder gegenüber Dritten.
Der Aufsichtsrat verantwortet folgende echte Eigenfunktionen von hoher Bedeutung mit Führungscharakter:
- die Bestellung und Abberufung der Vorstandsmitglieder einschließlich des Abschlusses der Anstellungsverträge, §§ 84,87 AktG;
- der Erlass einer Geschäftsordnung für den Vorstand, § 77 Abs. 2 Satz 1 AktG, sowie die Zustimmung zu bestimmten Geschäften des Vorstands, § 111 Abs. 4 Satz 2 AktG;
- die Vertretung der Gesellschaft gegenüber den Vorstandsmitgliedern, § 112 AktG, sowie in Anfechtungs- und Nichtigkeitsprozessen, §§ 246 Abs. 2, 249 Abs. 1 AktG;
- die Einberufung einer Hauptversammlung, § 111 Abs. 3;
- die Mitwirkung bei der Bilanzfeststellung, §§ 170-173 AktG, und
- die Gewährung von Krediten an Vorstandsmitglieder, § 89 AktG.
Der Aufsichtsrat überwacht die Geschäftsführung so, wie es im Hinblick auf eine wirksame Kontrolle im Interesse von Aktionären und Gläubigern erforderlich ist.
Der Vorstand
Der Vorstand leitet die Gesellschaft, § 76 Abs. 1 AktG, übt die Geschäftsführung aus, § 77 AktG und vertritt die Gesellschaft, § 78 AktG.
Leitungsfunktion des Vorstands bedeutet, dass der Vorstand Verantwortung für das gesamte Unternehmen und damit für Anteilseigner und Arbeitnehmer trägt. Dem Vorstand steht bei der Wahl zwischen den verschiedenen Möglichkeiten unternehmerischen Handelns ein Ermessensspielraum zu. Sorgfaltspflichtverletzungen des Vorstands im Sinne von § 93 AktG liegen nur dann vor, wenn seine geschäftspolitischen Entscheidungen außerhalb des Ermessensspielraums liegen.
Die Leitung umfasst sowohl die Geschäftsführung als auch die Vertretung der Aktiengesellschaft. Leitung ist damit der Oberbegriff dieser beiden maßgeblichen Tätigkeiten. Geschäftsführung ist die Betätigung jeder Art zur Gestaltung der Wirtschaftsleistung der Gesellschaft. Vertretung ist das Handeln für die Gesellschaft im Rechtsverkehr mit Dritten. Ein wichtiger Bestandteil der Leitungsfunktion ist die Eigenverantwortlichkeit gegenüber Anteilseignern und Arbeitnehmern und die hieraus resultierende Haftung.
Besteuerung
Die AG und die Aktionäre unterliegen der Besteuerung. Man spricht von der Besteuerung der Gewinne der AG selbst (Ebene der Aktiengesellschaft) und der Besteuerung der Gewinne beim Aktionär (Ebene des Aktionärs).
Das steuerpflichtige Einkommen der AG unterliegt der Körperschaftsteuer. Der Gewinn ist durch Bilanzierung zu ermitteln und unterliegt zusätzlich der Gewerbesteuer, § 2 Abs. 2 GewStG. Eine Anrechnung der Gewerbesteuer auf die Körperschaftsteuer findet nicht statt.
Der an den einzelnen natürlichen Aktionär ausgeschüttete Gewinn (offene Gewinnausschüttung = Dividende oder verdeckte Gewinnausschüttung) ist bei diesem nach dem Einkommensteuergesetz (EStG) als Einkünfte aus Kapitalvermögen steuerpflichtig. Die AG hat bei der Ausschüttung der Dividende Kapitalertragsteuer einzubehalten.
Durch die Einführung der Abgeltungsteuer entfällt für Privatanleger grundsätzlich eine Veranlagung nach dem individuellen Steuersatz, soweit die Voraussetzungen für die Abgeltungssteuer vorliegen.
Erträge aus Beteiligungen an AGs, die sich im Betriebsvermögen von Einzelunternehmen und Personengesellschaften befinden, werden weiterhin regulär zur Einkommensteuer veranlagt. Diese werden durch das Teileinkünfteverfahren mit 60 Prozent der Einkommensteuer unterworfen.
Bei wesentlichen Beteiligungen i.S.d. § 17 EStG (ab 1 Prozent Beteiligung am Grundkapital der AG innerhalb der letzten fünf Jahre) unterliegen die Veräußerungsgewinne ebenso dem Teileinkünfteverfahren.
Für Kapitalgesellschaften als Aktionäre, sind Ausschüttungen und Veräußerungsgewinne von Anteilen an Aktiengesellschaften in vollem Umfang steuerfrei (§ 8b KStG), wenn die Beteiligung zu Beginn des Kalenderjahres mindestens 10% beträgt. Zugleich können die Kosten der Beteiligung nicht geltend gemacht werden. An Stelle der wirklich angefallenen Beteiligungskosten können jährlich pauschal 5 Prozent der erzielten steuerfreien Dividendenerträge als nicht abziehbare Kosten der Beteiligungsverwaltung angerechnet werden. In Saldo sind 95 Prozent der Erträge steuerfrei und die wirklich angefallenen Kosten können in voller Höhe abgezogen werden. Diese Regelung findet jedoch keine Anwendung auf Veräußerungsverluste oder Teilwertabschreibungen.