Die Entlastung des Geschäftsführers einer GmbH oder eines Vorstands einer Aktiengesellschaft, Genossenschaft, Verein etc. durch Beschluss steht regelmäßig jedes Jahr in der ordentlichen Mitgliederversammlung im Zusammenhang mit der Feststellung des Jahresabschlusses an.
Eine Entlastung bedeutet
- die Billigung der zurückliegenden Amtsführung und
- einen Vertrauensvorschuss für die künftige Geschäftsführung.
Der BGH entschied in seinem Urteil vom 22. September 2020 – II ZR 141/19 zur Kommanditgesellschaft, dass die vorbehaltlose Entlastung der Komplementärin einer GmbH & Co. KG durch ihre Mitgesellschafter zugleich die Entlastung des Geschäftsführers der Komplementär-GmbH im Verhältnis zur Kommanditgesellschaft bewirkt.
Der Fall zur Entlastung
Eine GmbH & Co. KG (KG) beauftragte einen Verwalter mit der Verwaltung der gesellschaftseigenen Immobilie. Die KG übertrug dem Verwalter anstelle des Finanzbuchhalters, der auch Kommanditist 3 war, zusätzlich die Finanzbuchhaltung und erteilte ihm eine Vollmacht für ihr Bankkonto. Als die Immobilie veräußert werden sollte, stellte sich heraus, dass der Verwalter in erheblichem Umfang Gelder der KG veruntreut hatte, indem er Handwerkerrechnungen fingiert, Verwaltervergütungen doppelt angewiesen und ihm bar übergebene Kautionen in sein Privatvermögen überführte hatte. Der Verwalter gab gegenüber der Gesellschaft ein notarielles Schuldanerkenntnis über 526.315 € ab, aus dem die KG bislang keine Zahlungen erlangen konnte. Der Finanzbuchhalter (Kommanditist 3) beauftragte eine Wirtschaftsprüfungs- und Steuerberatungskanzlei mit der Erstellung eines Gutachtens zur Ermittlung der durch die Unterschlagungen verursachten Schäden. In dem Gutachten wird unter anderem ausgeführt:
„Im Ergebnis bestand der wesentliche Mangel im internen Kontrollsystem darin, dass keinerlei Funktionstrennung zwischen Kassenführung bzw. Bankvollmacht auf der einen Seite und der Buchhaltung auf der anderen Seite gewahrt war. (…) Auch die „Kontrollaufgaben“ des Herrn Steuerberater H. (Beklagter zu 3) waren nicht geeignet, die Untreuehandlungen aufzudecken. Herr Steuerberater H. hat die Jahresabschlüsse ohne jegliche Plausibilitätsbeurteilungen oder Prüfungshandlungen erstellt.“
Kommanditist 4 wirft dem Geschäftsführer der Komplementär-GmbH und Kommanditist 1 vor, dass er unter Verstoß gegen die ihm als Geschäftsführer der Komplementär-GmbH gegenüber der KG obliegenden Pflichten den Verwalter nicht ausreichend überwacht habe.
Kommanditist 4 erhob Klage, mit der er für die KG gegen den Geschäftsführer
- einen Anspruch aus Geschäftsführerhaftung in Höhe von 486.735,02 € geltend machte und
- die Feststellung begehrte, dass der Geschäftsführer verpflichtet ist, die Kommanditgesellschaft von weiteren Schäden freizustellen.
Gegen Beschlüsse der Gesellschafterversammlung der Komplementär-GmbH, mit denen der Geschäftsführer entlastet worden war, hat der Kommanditist 4 ebenfalls Klage erhoben.
In Gesellschafterversammlungen der KG in 2016 bzw. 2017 stimmten die Kommanditisten mit Ausnahme des Kommanditist 4 für die Entlastung der Komplementär-GmbH für die Geschäftsjahre 2014 und 2015 sowie für die Geschäftsjahre 2000 bis 2008 und 2009 bis 2013.
Das Urteil zur Entlastung
Der BGH urteilte, dass die Entlastung der Komplementär-GmbH durch die KG auf den Geschäftsführer ausstrahlt. Wird die Amtsführung der Komplementär-GmbH gebilligt, ist auch die Amtsführung des Geschäftsführers der Komplementär-GmbH gebilligt.
Den Geschäftsführer trifft die Pflicht zur Sorgfalt eines ordentlichen Geschäftsmannes in der Komplementär-GmbH, selbst wenn der Geschäftsführer der Komplementär-GmbH gleichzeitig Kommanditist der KG ist. §§ 708, 277 BGB sind nicht anzuwenden. Der Geschäftsführer kann sich also nicht auf eine nur eigenübliche Sorfalt berufen.
Pflichtverletzungen des Geschäftsführers der GmbH muss sich im Innenverhältnis zwischen Komplementär-GmbH und KG erstere nach § 31 BGB zurechnen lassen.
Ein einheitlicher Haftungsmaßstab für die Haftung des Geschäftsführers gegenüber der Komplementär-GmbH und der KG entspricht der Interessenlage der beteiligten Gesellschaften.
Der Geschäftsführer der Komplementär-GmbH hat in den Angelegenheiten der Gesellschaft, also auch in den Angelegenheiten der KG die Sorgfalt eines ordentlichen Geschäftsmannes anzuwenden, § 43 Abs. 1 GmbHG.
Der Entlastungsbeschluss und damit die Entlastung des Geschäftsführers ist nur anfechtbar, wenn keine andere Entscheidung der Versagung denkbar und die Entlastung missbräuchlich ist. Dies ist beispielsweise der Fall, wenn dem Geschäftsführer schwere Pflichtverletzungen vorzuwerfen sind und der Gesellschaft ein erheblicher Schaden zugefügt wurde.
Die Beweislast trägt derjenige, der den Entlastungsbeschluss angreift.
Thüringen 2021
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