Schenkung durch Anteilszeichnung
Schenkung bei Neuzeichnung eines Geschäftsanteils in Agrargenossenschaften
Wenn ein neues Mitglied einen Geschäftsanteil in einer Genossenschaft – meistens in einer Agrargenossenschaft – übernimmt, kann das Schenkungsteuer auslösen.
Zivilrechtlich
Wenn eine Person einen Geschäftsanteil neu zeichnen darf, obwohl dieser Anteil wirtschaftlich deutlich mehr wert ist als der nominale Einlagebetrag (3.100 €), und diese Person keine adäquate Gegenleistung erbringt (zum Beispiel Aufgeld), liegt steuerlich eine gemischte Schenkung oder vollumfängliche freigebige Zuwendung vor.
Steuerlich
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§ 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG (freigebige Zuwendung unter Lebenden, vgl. auch BFH, Urteil vom 10.04.2024 – II R 22/21).
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Maßgeblich ist die Differenz zwischen dem tatsächlichen Verkehrswert des Genossenschaftsanteils und dem geleisteten Betrag.
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Beispiel: Bei tatsächlichem Wert des Anteils = 438.596 € (50 Mio. € Verkehrswert eG, 114 Anteile); gezeichnet für 3.100 € liegt eine Schenkung in Höhe von ca. 435.496 € vor.
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Der „Schenker“ wäre die Genossenschaft bzw. mittelbar die Mitglieder, je nach rechtlicher und wirtschaftlicher Betrachtung.
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Der Beschenkte wäre der neue Zeichner.
Folge
Es entsteht eine Schenkungsteuerpflicht des Neuzeichners, sofern keine Gegenleistung zum vollen Wert erfolgt.
Berechnung der Schenkungsteuer bei Zeichnung unterhalb des gemeinen Werts
Wenn ein neues Mitglied einen Geschäftsanteil zu einem Preis erwirbt, der unter dem gemeinen Wert liegt, liegt eine (teilweise) unentgeltliche Zuwendung vor. Die Schenkungsteuer bemisst sich nach der Differenz zwischen dem gemeinen Wert des Anteils und dem tatsächlich gezahlten Betrag.
Beispielrechnung Rechnungsbetrag:
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Verkehrswert der eG: 50 Mio. €
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tatsächlicher Wert eines neu gezeichneten Anteils: 438.596 €
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Gezahlter Betrag: 3.100 €
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Schenkungssumme: 435.496 €
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Freibetrag: 20.000 €
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Zu versteuernder Erwerb: 415.496 €
Schenkungssteuer bei einem Schenkungsbetrag von 415.496 €:
Da keine verwandtschaftliche Beziehung besteht, fällt der Neuzeichner in Steuerklasse III. Der Freibetrag beträgt 20.000 € (§ 16 Abs. 1 Nr. 3 ErbStG). Die Schenkungsteuer beträgt 30 %.
Bei einer Zeichnung eines Geschäftsanteils zum Nennwert von 3.100 €, der tatsächlich einen Wert von 438.596 € hat, entsteht für einen nicht verwandten Neuzeichner eine Schenkungsteuer in Höhe von ca. 124.649 € (415.496 €×30 %=124.648,80), sofern keine weiteren Besonderheiten (z.B. Gegenleistungen, Auflagen, Einbringungsregelungen) vorliegen.
Anzeigepflicht (§ 30 ErbStG)
Wer muss anzeigen?
Sowohl der Erwerber (Beschenkte) als auch der Schenker (bzw. mittelbar die Genossenschaft) sind grundsätzlich verpflichtet, dem zuständigen Finanzamt den Erwerb binnen drei Monaten nach Kenntniserlangung schriftlich anzuzeigen.
Inhalt der Anzeige (§ 30 Abs. 2 ErbStG)
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Name und Anschrift der Beteiligten
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Zeitpunkt der Schenkung
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Gegenstand und geschätzter Wert
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Rechtsverhältnis (z.B. Eintritt in Genossenschaft durch Zeichnung eines Geschäftsanteils)
Steuererklärungspflicht (§ 31 Abs. 1 ErbStG)
Nach Anzeige wird das Finanzamt in der Regel auffordern, eine Schenkungsteuererklärung abzugeben. Diese Erklärung ist dann innerhalb einer von der Finanzverwaltung gesetzten Frist einzureichen (meist 1 Monat).
Ohne vorherige Anzeige:
Wenn das Finanzamt von der Schenkung anderweitig erfährt (z. B. Betriebsprüfung), kann es ebenfalls zur Abgabe der Steuererklärung auffordern.
Bei unterlassener Anzeige kann dies steuerstrafrechtliche Folgen (§ 370 AO) haben.
Das für Schenkungsteuer zuständige Finanzamt ist i.d.R. dasjenige, in dessen Bezirk der Beschenkte seinen Wohnsitz hat (§ 35 Abs. 1 ErbStG).
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