In einer Entscheidung des OLG Köln werden die Voraussetzungen behandelt, unter denen ein Beratungsvertrag mit einem Aufsichtsratsmitglied bzw. mit Gesellschaften, an denen ein Aufsichtsratsmitglied beteiligt ist, gemäß den §§ 113, 114 AktG wirksam ist.
Die Folgen nichtiger Beratungsverträge zwischen Aufsichtsratsmitglied und Aktiengesellschaft sind enorm. Es kann zur Zahlungsverweigerung durch die Aktiengesellschaft kommen, aber auch zur Rückzahlungspflicht bereits erhaltener Honorare.
Der Fall
A-GmbH verlangt von der B-AG die Zahlung eines Honorars für die Beratung der B-AG. Der Vertrag umfasste insbesondere die Auswertung von Unterlagen für den Verkauf einer Geschäftssparte und die Erstellung einer Unternehmensplanung für diese, die Wertermittlung der Geschäftssparte sowie die Begleitung der Kaufpreis- und Transaktionsverhandlung im Rahmen eines Unternehmenskaufvertrags (M&A). Das Aufsichtsratsmitglied C der B-AG ist mittelbar mit 28,3% an der A-GmbH beteiligt. Die B-AG verweigerte die Zahlung des Honorars an die B-GmbH und vertritt die Auffassung, der Beratungsvertrag sei gemäß § 113 AktG, § 134 BGB nichtig.
Der Beschluss
Die Entscheidung des OLG Köln nimmt zu den Anforderungen an Beratungsverträge zwischen dem Aufsichtsratsmitglied und der Aktiengesellschaft gemäß den §§ 113, 114 AktG Stellung.
1. Anwendbarkeit der §§ 113, 114 AktG auf den Beratungsvertrag
Das Gericht wiederholte die gefestigte Rechtsprechung, dass auch mittelbare Beratungsleistungen an die B-AG (hier Aufsichtsratsmitglied C über die A-GmbH) unter die §§ 113, 114 AktG fallen, wenn der Gesellschafter der A-GmbH (hier das Aufsichtsratsmitglied C) nicht beherrschender Gesellschafter der A-GmbH ist.
Der Anwendung der §§ 113, 114 AktG stehe auch nicht entgegen, weil dem Aufsichtsratsmitglied C – abstrakt betrachtet – mittelbar über die A-GmbH nur ein geringfügiger Honoraranteil zufließe oder dieser Honoraranteil im Verhältnis zu seiner Aufsichtsratsvergütung vernachlässigbar sei (sog. de-minimis-Ausnahme). Denn nach dem Schutzzweck des §§ 113, 114 AktG komme es einerseits auf die Gesamthöhe der gezahlten Vergütungen und nicht auf den Umfang des einzelnen Beratungsauftrags an. Andererseits sei bei einem Honorar in einer Gesamthöhe von rund 366.000 Euro – bei abstrakter Betrachtung – weder absolut (trotz „nur“ 28,3% Beteiligung an der A-GmbH) noch im Vergleich zur Aufsichtsratsvergütung in Höhe von 30.000 Euro von einer nur unbedeutenden, zu vernachlässigenden Zahlung gesprochen werden.
2. Abgrenzung regelmäßige organschaftliche Aufgaben oder Beratungsleistungen, die nicht in den organschaftlichen Aufgabenbereich fallen
Das Urteil fragt sodann, ob die Beratungsleistungen des Aufsichtsratsmitglieds C sowieso organschaftliche Aufgaben des Aufsichtsratsmitglieds (vorsorgende Beratung und Überwachung) waren. In diesem Fall können diese organschaftlichen Aufgaben nicht extra honoriert werden. Sie können nicht Gegenstand eines Beratungsvertrags nach § 114 AktG sein.
3. Konkrete Beratungsleistungen nach § 114 AktG
3.1.
Gehen die vereinbarten Beratungsleistungen des Aufsichtsratsmitglied C über die organschaftlichen Aufgaben hinaus, gehören sie also nicht in den Aufgabenbereich des Aufsichtsrat, können sie grundsätzlich Gegenstand eines Vertrags nach § 114 AktG sein.
Der Beratungsvertrag hat eindeutige Feststellungen zu enthalten. Er muss Auskunft geben,
– ob die zu erbringende Leistung außer- oder innerhalb des organschaftlichen Pflichtenkreises des Aufsichtsratsmitglieds liegt und
– ob der Vertrag darüber hinaus keine verdeckten Sonderzuwendungen – etwa in Form einer überhöhten Vergütung – enthält.
Der Beratungsvertrag muss danach die speziellen Beratungsgegenstände und das dafür zu entrichtende Entgelt so konkret bezeichnet werden, dass sich der Aufsichtsrat ein eigenständiges Urteil über die Art und den Umfang der Leistung sowie über die Höhe und die Angemessenheit der Vergütung bilden kann.
Verträge, die diese Anforderungen nicht erfüllen, sind nicht nach § 114 Abs. 1 AktG genehmigungsfähig, sondern gemäß § 134 BGB in Verbindung mit § 113 AktG nichtig.
3.2.
Der streitgegenständliche Beratungsvertrag war nichtig, weil danach
– „neben der Ausarbeitung einer auf einer Auswertung relevanter Geschäftsunterlagen beruhenden Unternehmensplanung für die Geschäftssparte „C“ mitsamt Präsentation der Finanzzahlen,
– der Ermittlung des Werts dieser Geschäftssparte,
– der Herstellung und Pflege von Kontakten mit potentiellen Käufern,
– der Ausarbeitung von für die Hauptversammlung bestimmten Erläuterungen der Transaktion eine „Begleitung“ der „Kaufpreis- und Transaktionsverhandlungen“ und
– eine Durchsicht und Prüfung der in deren Rahmen erstellten Vertragswerke vereinbart war und
bei diesen allgemein gehaltenen Bezeichnungen eine Abgrenzung gegenüber der organschaftlichen Aufgabe des Aufsichtsrats nicht möglich ist. Denn diese umfasst auch die Beratung des Vorstands bei dem Abschluss von Unternehmens- und Beteiligungskaufverträgen …. Einzelfragen, die Gegenstand eines Dienstvertrages sein können, mögen sich zwar auch in Bereichen finden, die an sich der Überwachung durch den Aufsichtsrat unterfallen …. Darauf, ob ein Aufsichtsratsmitglied einzelvertraglich mit Gegenständen betraut werden kann, die der „technischem“ Vorbereitung und Abwicklung eines Unternehmenskaufs zuzurechnen sind, kommt es indes … nicht an, weil angesichts der Unbestimmtheit der „Begleitung“ der „Kaufpreis- und Transaktionsverhandlungen“ und der Durchsicht und Prüfung der in deren Rahmen erstellten Vertragswerke unklar blieb, ob und inwieweit es sich um verdeckte Sonderzuwendungen für die Organtätigkeit handelte.“ OLG Köln (siehe unten)
Unsere Empfehlung
Der Beschluss zeigt auf, wie schwierig die Abgrenzung zwischen
– der nach § 113 AktG vergüteten organschaftlichen Beratung und
– dem außerhalb dieser liegenden Dienst höherer Art ist, der nach § 114 AktG gesonderter Vergütung zugänglich ist.
In der Praxis scheitern Beratungsverträge
– nicht an der Höhe der Vergütung und deren Angemessenheit,
– sondern an dieser Abgrenzung.
Die Umsetzung der Anforderungen des § 114 AktG ist schwierig, weil der Vertragsgegenstand des Beratungsbvertrags ausschließlich Gegenstände außerhalb der Organpflichten betreffen und diese Abgrenzung eindeutig sein muss. Erschwerend kommt andererseits hinzu, dass die Organpflichten des Aufsichtsrats immer weiter ausgedehnt werden.
Erforderlich ist daher für die Vertragsgestaltung die konkrete Beschreibung von klar abgegrenzten Arbeitspaketen und damit sehr kleinteiliges Vorgehen. Ob diese Methode bei komplexen, sich ständig ändernden Beratungspaketen wie beim Unternehmenskauf (M&A) gelingen kann, bleibt fraglich.
Das Urteil ist nachzulesen unter OLG Köln, Beschluss vom 11. Juli 2019 – I-18 U 37/18