Entlastungsbeschlüsse I Geschäftsführer I Vorstand
Die Entlastung des Geschäftsführers einer GmbH oder eines Vorstands einer Aktiengesellschaft, Genossenschaft, Verein etc. durch Beschluss steht regelmäßig jedes Jahr in der ordentlichen Mitgliederversammlung im Zusammenhang mit der Feststellung des Jahresabschlusses an. Eine Entlastung bedeutet die Billigung der zurückliegenden Amtsführung und einen Vertrauensvorschuss für die künftige Geschäftsführung. Der BGH entschied in seinem Urteil vom 22. September 2020 - II ZR 141/19 zur Kommanditgesellschaft, dass die vorbehaltlose Entlastung der Komplementärin einer GmbH & Co. KG durch ihre Mitgesellschafter zugleich die Entlastung des Geschäftsführers der Komplementär-GmbH im Verhältnis zur Kommanditgesellschaft bewirkt. Außerdem stellte der BGH fest, dass der Geschäftsführer der Komplementärin einer [...]
Einstweilige Verfügung vor (!) Durchführung der Gesellschafterversammlung
Zeitlich vor der Durchführung einer einberufenen Gesellschafterversammlung einer GmbH erließ das LG Stendal eine Unterlassungsverfügung zugunsten eines Gesellschafters gegen die GmbH im Zusammenhang mit bekanntgemachten Tagesordnungspunkten. Die Unterlassungsverfügung richtete sich gegen eine nach Beschlussfassung folgende Umsetzung diese Gesellschafterbeschlusses (Rechtsschutz gegen die Beschlussausführung), hier die Einreichung einer geänderten Gesellschafterliste beim Handelsregister nach Einziehung von Geschäftsanteilen. Die Gesellschafterversammlung wurde nach Erlass der einstweiligen Verfügung abgesagt. Die Parteien erklärten sodann die Unterlassungsverfügung für erledigt. Das OLG Naumburg verpflichtete nun die GmbH zur Übernahme der diesbezüglichen Kosten des Rechtsstreits. Hinweis: Für eine Einleitung in das Recht der Gesellschafterversammlung können Sie unsere Abhandlungen dazu und [...]
Virtuelle Versammlung zur Verschmelzung von Genossenschaften möglich
Die Verschmelzung von Genossenschaften kann nach GesRuaCOVBekG § 3 Abs. 1, UmwG § 13 Abs. 1 Satz 2 durch Verschmelzungsbeschluss in einer virtuellen Versammlung erreicht werden. Das Versammlungserfordernis des § 13 Abs. 1 Satz 2 UmwG steht dem nicht entgegen. Das nach § 13 Abs. 3 Satz 1 UmwG vorgeschriebene Erfordernis der notariellen Beurkundung des Verschmelzungsbeschlusses verlangt keine physische Anwesenheit in der Versammlung. Der BGH entschied dies in seinem Beschluss vom 5. Oktober 2021 - II ZB 7/21. Der Fall Zwei Genossenschaften beschlossen am 30.11.2020 ansonsten formal fehlerfrei die Verschmelzung auf eine der Genossenschaften. In beiden Genossenschaften wurde der jeweilige [...]
Bildung einer Rücklage für übernommene Pensionsverpflichtung
In einem vor dem Finanzgericht Nürnberg ausgefochtenen Streit zur Rücklagenbildung einer übernommenen Pensionsverpflichtung entschied es im Urteil vom 23.08.2021 - 1 K 528/20, dass eine Rücklage nach § 5 Abs. 7 Einkommensteuergesetz (EStG) für einen Gewinn aus einer übernommenen Pensionsverpflichtung gebildet werden kann. Der Fall zur übernommenen Pensionsverpflichtung Die A-GmbH hat die Vermögensverwaltung zum Unternehmensgegenstand. Alle Anteile an der A-GmbH werden vom Alleingesellschafter B gehalten. B wechselte von der C-GmbH zur A-GmbH als neuem Arbeitgeber. Die A-GmbH übernahm die durch die C-GmbH dem B erteilte Versorgungszusage. Als Gegenleistung wurden eine Lebensversicherung sowie Forderungen gegenüber B übernommen. Hierdurch entstand bei der [...]
Übertragung einer Pensionszusage für Geschäftsführer auf einen Pensionsfonds
Die Übertragung von Pensionszusage für einen Geschäftsführer an einen Pensionsfonds kann zur Lohnversteuerung führen. Die Auslagerung einer Direktzusage für einen Geschäftsführer auf einen Pensionsfonds muss gut geplant und mit dem Steuerberater abgestimmt werden. Der Bundesfinanzhof hat in seinem Urteil vom 19.04.2021, VI R 45/18 entschieden, führt eine fehlende Antragstellung auf Verteilung des mit der Übertragung der Pensionszusage auf den Pensionsfonds verbundenen Aufwands auf zehn Jahre zur Lohnversteuerung beim Arbeitnehmer (hier Geschäftsführer), vgl. § 4e Abs. 3 EStG. Der Fall zur Pensionszusage Im vom BFH entschiedenen Fall hatte eine GmbH dem Geschäftsführer eine Pensionszusage ausgesprochen. Mit Beendigung der Geschäftsführungstätigkeit des [...]
Geschäftsführerhaftung bei Zombie-Unternehmen deutlich verschärft I § 826 BGB
Der BGH hat mit seiner Entscheidung vom 27. Juli 2021 – II ZR 164/20 zur Geschäftsführerhaftung einer GmbH auch sog. Zombie-Unternehmen aufs Korn genommen. Der BGH verschärft die Geschäftsführerhaftung deutlich, wenn tatsächlich insolvenzreife Unternehmen künstlich am Leben gehalten werden. Neben der Insolvenzverschleppungshaftung kommt eine Haftung wegen vorsätzlich sittenwidriger Insolvenzverschleppung nach § 826 BGB in Betracht. Der Fall A beauftragte am 14. Januar 2015 die S-GmbH, deren Geschäftsführer der B war, mit Fassadenarbeiten. A zahlte 13.000 € an. Die S-GmbH erbrachte die Werkleistung quasi nicht. A verlangte die Rückzahlung von 11.000 € entsprechend dem erreichten Leistungsstand. A beantragte ein selbständiges Beweisverfahren [...]
Managementbeteiligung I Einkünfte aus Kapitalvermögen nach § 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 EStG I Veräußerungsgewinn nach § 17 Abs. 1 Satz 1 EStG
Managementbeteiligungen Managementbeteiligungen haben vornehmlich das Ziel, Mitarbeiter des Managements an das Unternehmens zu binden. Steuerlich waren Managementbeteiligungen lange Zeit unattraktiv. Erst als der BFH in 2016 (IX R 43/15) die Besteuerung von Managementbeteiligungen als Kapitalvermögen und nicht als Arbeitslohn auswies, gewann die Managementbeteiligung an Bedeutung. Einkünfte aus Kapitalvermögen gemäß § 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 EStG sind: "(2) Zu den Einkünften aus Kapitalvermögen gehören auch 1. der Gewinn aus der Veräußerung von Anteilen an einer Körperschaft im Sinne des Absatzes 1 Nummer 1. Anteile an einer Körperschaft sind auch Genussrechte im Sinne des Absatzes 1 Nummer 1, den [...]
Verlustverrechnungsbeschränkung für Aktienveräußerungsverluste verfassungswidrig I § 20 Abs. 6 Satz 5 EStG
Es wird eine Entscheidung des BVerfG darüber eingeholt, ob § 20 Abs. 6 Satz 5 EStG i.d.F. des UntStRefG 2008 vom 14.08.2007 (BGBl I 2007, 1912) insoweit mit Art. 3 Abs. 1 GG vereinbar ist, als Verluste aus der Veräußerung von Aktien nur mit Gewinnen aus der Veräußerung von Aktien verrechnet werden dürfen. BFH, Beschluss vom 17.11.2020 – VIII R 11/18 Verlustverrechnungsbeschränkung für Aktienveräußerungsverluste verfassungswidrig Der VIII. Senat des Bundesfinanzhofs (BFH) hat dem Bundesverfassungsgericht (BVerfG) die Frage vorgelegt, ob es mit dem Grundgesetz (GG) vereinbar ist, dass nach § 20 Abs. 6 Satz 5 EStG i.d.F. des Unternehmensteuerreformgesetzes 2008 vom [...]
Langfristige Mietverträge mit GbR´s als Mieter oder Vermieter können vor Ablauf der fest vereinbarten Vertragszeit kündbar sein
Der BGH nahm zum Schriftformerfordernis in Bezug auf einen Landpachtvertrag mit einer GbR als Vertragspartner Stellung, der mit einer Dauer von länger als 2 Jahren abgeschlossen wurde, § 585a BGB. Der BGH stellte fest, dass ein für längere Zeit als zwei Jahre abgeschlossener Pachtvertrags mit einer GbR Angaben zu den Vertretungsverhältnissen der GbR enthalten muss. Unterzeichnet insbesondere nur ein Gesellschafter der GbR den Vertrag ohne einen die alleinige Vertretung der Gesellschaft anzeigenden Zusatz (z.B. mit Firmenstempel), ist die erforderliche Schriftform nicht gewahrt. Der Vertrag ist vor Ablauf der Vertragszeit kündbar. Auf den gewerblichen Mietvertrag trifft diese Entscheidung ebenso zu, allerdings [...]
D&O-Versicherung kann für vom Geschäftsführer insolvenzrechtswidrige Zahlungen Versicherungsschutz gewähren müssen
Bis zum Urteil des BGH vom 18. November 2020 - IV ZR 217/19 verneinte federführend insbesondere das OLG Düsseldorf, Urteil vom 20. Juli 2018 – I-4 U 93/16 einen Versicherungsschutz durch die D&O-Versicherung hinsichtlich eines Anspruch einer insolvent gewordenen Gesellschaft gegen ihren versicherten Geschäftsführer auf Ersatz insolvenzrechtswidrig geleisteter Zahlungen der Gesellschaft gemäß § 64 GmbHG. Seit dem o.g. Urteil des BGH ist der nach § 64 Satz 1 GmbHG geregelte Anspruch der GmbH gegen die Geschäftsführer auf Ersatz geleisteten Zahlungen während der Insolvenzreife ein gesetzlicher Haftpflichtanspruch auf Schadensersatz im Sinne von Ziffer 1.1 ULLA. Der Fall Die später insolvente GmbH schloss [...]
GmbH – Wiederholende Einziehung eines Geschäftsanteils nach § 34 GmbHG ist möglich, auch wenn der Betroffene nicht mehr in der Gesellschafterliste steht
Der BGH stellte in einem Urteil vom 10.11.2020 erfreulich praxisorientiert fest, dass ein materiell berechtigter Gesellschafter einer GmbH, der nicht mehr in deren Gesellschafterliste eingetragen ist, kein Scheingesellschafter ist. Der materiell berechtigte Gesellschafter kann deshalb z.B. über seinen Geschäftsanteil verfügen; allerdings kann er mangels formaler Gesellschafterstellung nach § 16 Abs. 1 GmbHG keine Rechte gegenüber der GmbH beanspruchen. Der BGH urteilte insbesondere über eine wiederholende Einziehung eines Geschäftsanteils eines Gesellschafters an einer GmbH nach § 34 GmbHG, welcher bereits aus der Gesellschafterliste der GmbH gelöscht war. Der Fall Der Geschäftsanteil des Herrn Schmidt an einer GmbH wurde im Jahr 01 [...]
Verkäufer eines Autohauses hat Vertretungsmacht nach § 56 HGB
Das OLG Karlsruhe hat entschieden, dass ein Verkaufsmitarbeiter in einem Autohaus grundsätzlich als bevollmächtigt zur Entgegennahme von Barzahlungen und zur Gewährung von Preisnachlässen gilt (Vermutungsregel des § 56 HGB). Der Fall Der Kunde bestellte in einem Autohaus einen Pkw … mit Sonderausstattung zum Preis von zunächst 90.000 €. Es folgte eine schriftliche Auftragsbestätigung des Autohauses. Im Folgenden wurde die gewünschte Sonderausstattung mehrfach ergänzt und der Kaufpreis jeweils erhöht, zuletzt auf 96.900 €. Der die Bestellung betreuende Verkäufer des Autohauses übergab das Fahrzeug an den Kunden. Der Kunde zahlte einen Kaufpreis in Höhe von 90.000 € in mehreren Raten jeweils in [...]
Landgericht Ingolstadt, Urteil vom 07.08.2020 – 41 O 1745/18 Sammelklagen von Inkassodienstleitern sind risikoreich
Myright-Klage gegen Audi wegen nichtiger Abtretung abgewiesen "Die Klägerin hatte als Inkassodienstleisterin aus abgetretenem Recht Ansprüche von über 2.800 Fahrzeugkäufern gegenüber der Audi AG und der Volkswagen AG in Höhe von insgesamt über 77 Millionen Euro geltend gemacht. Es handelt sich um eines der umfangreichsten Verfahren im Rahmen der sogenannten Dieselklagewelle. Mit Urteil vom 07.08.2020 hat die 4. Zivilkammer des Landgerichts Ingolstadt die Klage nun abgewiesen. Im Wesentlichen ging die Kammer davon aus, dass zwar im Lichte der Entscheidung des Bundesgerichtshofs in der sog. „Lexfox-Entscheidung“ vom 27.11.2019 – VIII ZR 285/18 – die klageweise Geltendmachung von abgetretenen Ansprüchen durch Rechtsdienstleister [...]
Preisanpassungsklausel im Franchise-Vertrag
Ein aktueller Fall, der vor dem OLG Jena behandelt wurde, soll die komplexen Fragen zu Preisanpassungsklauseln anschaulich machen. Die Vertragsparteien eines Franchise-Vertrags streiten über die Wirksamkeit einer Preisanpassungsklausel zu Lizenzgebühren in diesem Franchise-Vertrag. Der Fall Die Franchise-Lizenzgeberin (LG) für Ein- und Zweifamilienhäuser und die Franchise-Lizenznehmerin (LN), ein Hausbauunternehmen schlossen einen Lizenzvertrag ab. Die Lizenz gewährte der LN das Recht, die von der LG entwickelten Häuser im Vertragsgebiet A mit den dazugehörigen Kalkulationsgrundlagen und den Schutzrechten zu nutzen, zu vermarkten und zu bauen. Die LN hatte als Gegenleistung Zahlungsverpflichtungen aus einem dazugehörigen Lizenzvertrag (LV) zu erfüllen. Danach hatte die LN neben [...]
VW zu Schadensersatz verpflichtet – BGH, Urteil vom 25. Mai 2020 – VI ZR 252/19
Heute entschied der BGH über Schadensersatzansprüche eines Fahrzeugkäufers gegen den Hersteller des Fahrzeugs Volkswagen (VW). Die Schadensersatzansprüche sind nach § 826 BGB zu prüfen. § 826 BGB lautet: "Wer in einer gegen die guten Sitten verstoßenden Weise einem anderen vorsätzlich Schaden zufügt, ist dem anderen zum Ersatz des Schadens verpflichtet." Der Sachverhalt Der Kläger erwarb am 10. Januar 2014 zu einem Preis von 31.490,- € brutto von einem Autohändler einen Gebrauchtwagen VW Sharan 2.0 TDl match, der mit einem 2,0-Liter Dieselmotor des Typs EA 189, Schadstoffnorm Euro 5 ausgestattet ist. Die Beklagte ist die Herstellerin des Wagens. Der Kilometerstand bei [...]
FranchiseVertrag – unwirksame Preisanpassungsklausel
Die Vertragsparteien eines Franchise-Vertrags streiten über die Wirksamkeit einer Preisanpassungsklausel zu Lizenzgebühren in diesem Franchise-Vertrag. Der Fall Die Franchise-Lizenzgeberin (LG) für Ein- und Zweifamilienhäuser und die Franchise-Lizenznehmerin (LN), ein Hausbauunternehmen schlossen einen Lizenzvertrag ab. Die Lizenz gewährte der LN das Recht, die von der LG entwickelten Häuser im Vertragsgebiet A mit den dazugehörigen Kalkulationsgrundlagen und den Schutzrechten zu nutzen, zu vermarkten und zu bauen. Die LN hatte als Gegenleistung Zahlungsverpflichtungen aus einem dazugehörigen Lizenzvertrag (LV) zu erfüllen. Danach hatte die LN neben der nach § 16.1LV einmalig zu entrichtenden Eintrittsgebühr pro verkauftem Einfamilienhaus eine Lizenzgebühr an die LG zu zahlen. [...]
Schwerwiegende Pflichtverletzung eines Geschäftsführers einer GmbH bei Compliance-Verstoß
Ein GmbH-Geschäftsführer gab eine Zahlung einer - von ihm erkannten – fingierten Forderung frei, um damit eine Provisionsabrede zu honorieren. Er verstieß zugleich gegen unternehmensinterne Compliance-Vorschriften über zustimmungsbedürftige Geschäfte. Dem Geschäftsführer wurde nach Abschluss der Ermittlungen und der daraufhin stattfindenden Gesellschafterversammlung sein Anstellungsverhältnis fristlos gekündigt. Das Urteil des OLG Hamm Der außerordentlichen Kündigung des Anstellungsvertrags lag ein wichtiger Grund iSd § 626 Abs. 1 BGB zur Seite. Wichtiger Grund nach § 626 Abs. 1 BGB Die Zahlungsfreigabe für die Provision erfüllte mehrere Verstöße, die jeder für sich genommen schon einen wichtigen Grund abdeckten, also - die Zahlung auf eine nicht [...]
Fehlende Gemeinnützigkeit bei unverhältnismäßig hohen Geschäftsführervergütungen
Der Bundesfinanzhof hat in seinem Urteil vom 12. März 2020 - V R 5/17 zu den Auswirkungen unverhältnismäßig hoher Geschäftsführergehälter in gemeinnützigen Körperschaften entschieden. 1. Begünstigt die gemeinnützige Körperschaft eine Person durch Ausgaben, die dem Zweck der Körperschaft fremd sind, oder durch unverhältnismäßig hohe Vergütungen an den Geschäftsführer (Mittelfehlverwendungen i.S. von § 55 Abs. 1 Nr. 3 AO), sind die Grundsätze der vGA (verdeckten Gewinnausschüttung) zu berücksichtigen. Maßstab des externen Fremdvergleichs sind dabei die für vergleichbare Tätigkeiten auch von Wirtschaftsunternehmen gewährten Vergütungen. 2. Gewährt die Körperschaft ihrem Geschäftsführer eine Versorgungszusage, die über eine Unterstützungskasse erfüllt wird, ist der für den [...]
Europäischer Gerichtshof stellt Unwirksamkeit von Widerrufsbelehrung im Darlehensvertrag fest
Der Europäische Gerichtshof entschied am 26.03.2020, dass zu komplizierte Widerrufsbelehrungen in Verträgen unwirksam sind. Ein Vertrag müsse möglichst detailliert und klar über ein Widerrufsrecht belehren, was bei sog. Kaskadenverweisen nicht der Fall ist. Deshalb kann der betroffene Verbraucher den Vertrag selbst nach Jahren widerrufen und Rückabwicklung des Vertrags verlangen. Eine sog. Kaskadenverweisung in Widerrufsbelehrungen ist dem Verbraucher nicht zumutbar. Mit Kaskadenverweisung ist z.B. ein Verweis auf ein Gesetz in einer Widerrufsbelehrung gemeint, wobei das angegebene Gesetz seinerseits auf ein weiteres Gesetz verweist. Im konkreten Fall verweist die Widerrufsbelehrung zum Fristbeginn der 14-tägigen Widerrufsfrist auf die Regelungen in § 492 Abs. [...]
Streit über die Hinterlegung einer Gesellschafterliste einer GmbH beim Handelsregister, § 40 GmbHG
Das OLG Hamm hatte über die Hinterlegung einer von einem Notar mit Bescheinigung nach § 40 Abs. 2 GmbHG eingereichten Gesellschafterliste im Dokumentenordner des Handelsregisters des Amtsgerichts P zu entscheiden. Der Fall 1. A und B waren an der C-GmbH jeweils zu 50% beteiligt. A beabsichtigte, seine Geschäftsanteile an der C-GmbH erstmalig zu veräußern. Das Angebot des A an B zum Kauf der Geschäftsanteile zu den in dem Gesellschaftsvertrag der C-GmbH abschließend geregelten Bedingungen, insbesondere zu der Berechnung des Kaufpreises lehnte der B als zu teuer ab. B bemerkte, dass A seine Geschäftsanteile an einen Dritten zu verkaufen beabsichtigte. B [...]
Auskunft und Umsatzbeteiligung für Influencerin
Das Oberlandesgericht Stuttgart hat eine GmbH zur Auskunft an eine Influencerin über die von ihr verkauften Kleidungsstücke verpflichtet und festgestellt, dass der Influencerin auch über ihr Ausscheiden als GmbH-Geschäftsführerin hinaus eine Umsatzbeteiligung zusteht. Dem liegt zugrunde, dass die seinerzeit 20-jährige Klägerin sich seit 2013 als „Fashion-Bloggerin" betätigt hatte und auf ihrem Instagram-Account Bilder von sich und mit von ihr gestalteten Bekleidungsstücken unter einem eigenen Modelabel postete. Sie erlangte aufgrund damals bereits ca. 50.000, heute rund 900.000 Followern auf Instagram einen gewissen Bekanntheitsgrad. Ende 2014 vereinbarte der jetzige Geschäftsführer der beklagten GmbH - ohne schriftliche Niederlegung - mit ihr eine Zusammenarbeit [...]
Zur Wirksamkeit eines Beratungsvertrags zwischen Aktiengesellschaft und Aufsichtsratsmtglied
In einer Entscheidung des OLG Köln werden die Voraussetzungen behandelt, unter denen ein Beratungsvertrag mit einem Aufsichtsratsmitglied bzw. mit Gesellschaften, an denen ein Aufsichtsratsmitglied beteiligt ist, gemäß den §§ 113, 114 AktG wirksam ist. Die Folgen nichtiger Beratungsverträge zwischen Aufsichtsratsmitglied und Aktiengesellschaft sind enorm. Es kann zur Zahlungsverweigerung durch die Aktiengesellschaft kommen, aber auch zur Rückzahlungspflicht bereits erhaltener Honorare. Der Fall A-GmbH verlangt von der B-AG die Zahlung eines Honorars für die Beratung der B-AG. Der Vertrag umfasste insbesondere die Auswertung von Unterlagen für den Verkauf einer Geschäftssparte und die Erstellung einer Unternehmensplanung für diese, die Wertermittlung der Geschäftssparte sowie [...]
Geschäftsführerhaftung – Darlehen oder Beteiligung mit eigenkapitalähnlicher Haftungsfunktion?
Der BGH beschäftigte sich mit einer qualifizierten Rangrücktrittsklausel in einem Darlehensvertrag. Abzugrenzen war, ob ein bankgeschäftstypisches Darlehen mit unbedingter Rückzahlungsverpflichtung vorlag, oder eine Wesensänderung hin zur unternehmerischen Beteiligung mit einer eigenkapitalähnlichen Haftungsfunktion. Außerdem war zu entscheiden, unter welchen Voraussetzungen der Darlehensnehmer bzw. deren gesetzlicher Vertreter (B als Geschäftsführer der Komplementär-GmbH der D) ohne die dafür erforderliche behördliche Erlaubnis Bankgeschäfte in Form der Annahme anderer unbedingt rückzahlbarer Gelder des Publikums gemäß § 1 Abs. 1 Satz 2 Nr.1 Fall 2 KWG betrieben hat. Der Fall (stark vereinfacht) Die D, eine GmbH & Co. KG, warb Finanzierungshilfen auf dem freien Kapitalmarkt mit [...]
Ist ein Finanzplankredit des Gesellschafters an die GmbH nach seinem Ausscheiden aus der GmbH ordentlich kündbar?
Der einen Finanzplankredit vergebende Gesellschafter ist nicht selten von Vertragsreue befallen. Muss der Gesellschafter später fällige Teildarlehen an die Gesellschaft auszahlen, obwohl er längst nicht mehr an den Erfolg des durch Finanzplandarlehen finanzierten Projekts glaubt, ist er geneigt, sich seiner Zahlungsverpflichtungen zu entziehen. Rückzahlungsverlangen von ausgereichten Finanzplandarlehen führen ebenso oft zum Gesellschafterstreit. Das Urteil des OLG Frankfurt behandelt Ansprüche auf Rückzahlung eines Finanzplankredits des Gesellschafters gegen eine GmbH und gegen den Mitgesellschafter nach Ausscheiden des Darlehensgebers aus der GmbH. Der Fall A und B gründeten die C-GmbH. A und B verpflichteten sich im Rahmen der Gründng der C-GmbH, dieser jeweils [...]
Einziehung von GmbH-Geschäftsanteilen (§ 34 GmbHG) und die Gesellschafterliste (§ 40 GmbHG)
Das OLG Brandenburg hatte über eine Zwangseinziehung von Geschäftsanteilen zu entscheiden, wobei die eingezogenen Geschäftsanteile nicht in der Gesellschafterliste der GmbH aufgeführt waren. Der Fall (stark vereinfacht) In der beim Handelsregister des Amtsgerichts hinterlegten Gesellschafterliste (§ 40 GmbHG) wurde formal der A als alleiniger Gesellschafter der B-GmbH aufgeführt. Es bestand Streit, ob der frühere Gesellschafter C nach einer Einziehung seiner Geschäftsanteile an der B-GmbH materiell noch Gesellschafter der B-GmbH ist. In einer folgenden Gesellschafterversammlung der B-GmbH wurden die "Geschäftsanteile des C" nochmals eingezogen (§ 34 GmbHG), obwohl sie nicht mehr in der Gesellschafterliste der B-GmbH aufgeführt waren. Gegen die Einziehung [...]
Knöllchen in Frankfurt a.M. sind seit 2018 anfechtbar – OLG Frankfurt, Beschluss vom 3.1.2020 – 2 Ss-Owi 963/18
Das Oberlandesgericht Frankfurt am Main (OLG) hat in einer Grundsatzentscheidung die Überwachung des ruhenden Verkehrs durch „private Dienstleister“ für gesetzeswidrig erklärt. Die so ermittelten Beweise unterliegen einem absoluten Verwertungsverbot, entschied das OLG mit oben genannten Beschluss. Der Oberbürgermeister der Stadt Frankfurt am Main (Stadt Frankfurt) hatte als Ortspolizeibehörde wegen unerlaubten Parkens im eingeschränkten Halteverbot gegen den Betroffenen ein Verwarngeld von 15 € verhängt. Der Knöllchenverteiler war ein Mitarbeiter eines von der Stadt Frankfurt beauftragten Unternehmens und er wurde von der Stadt als „Stadtpolizist“ bestellt. Die Tätigkeit übte er in Uniform aus. Nach dem OLG unterliegendie dem Knöllchen zugrundeliegenden Beweise einem [...]
BVerfG, Beschluss vom 19. November 2019 – 2 BvL 22/14 ff – Erstausbildungskosten sind keine Werbungskosten
Ein Verstoß gegen das Grundgesetz liegt nicht vor, wenn Aufwendungen für die erstmalige Berufsausbildung oder für ein Erststudium, nach dem Einkommensteuergesetz (EStG) nicht als Werbungskosten abgesetzt werden können. Das Bundesverfassungsgericht sieht für seine Entscheidung folgende sachlichen Gründe: Der Gesetzgeber durfte solche Aufwendungen als privat (mit-)veranlasst qualifizieren und den Sonderausgaben zuordnen. Die Erstausbildung oder das Erststudium unmittelbar nach dem Schulabschluss vermittelt nicht nur Berufswissen, sondern prägt die Person in einem umfassenderen Sinne, indem sie die Möglichkeit bietet, sich seinen Begabungen und Fähigkeiten entsprechend zu entwickeln und allgemeine Kompetenzen zu erwerben, die nicht zwangsläufig für einen künftigen konkreten Beruf notwendig sind. Sie [...]
Löschung der Eintragung des Geschäftsführers im Handelsregister von Amts wegen
Der BGH entschied, dass das Registergericht die Eintragung eines Geschäftsführers einer GmbH von Amts wegen im Handelsregister auch dann zu löschen hat, wenn er "lediglich" als Teilnehmer (und nicht als Täter) wegen einer vorsätzlich begangenen Straftat nach § 6 Abs. 2 Satz 2 Nr. 3 GmbHG rechtskräftig verurteilt worden ist. Der Fall Der A war für die B-GmbH tätig. Im Auftrag des Geschäftsführers B der B-GmbH vereinnahmte A im Herbst 2016 der B-GmbH zustehende Provisionen, um sie dem Zugriff der Gesellschaftsgläubiger zu entziehen. Zu diesem Zeitpunkt war die B-GmbH insolvent und ihre Konten waren gepfändet. Der A wurde wegen Beihilfe [...]
Das Gesellschaftsrecht – Wann liegt eine Überschuldung einer GmbH vor?
Der BGH hatte über Schadensersatz wegen ausgefallener Strom- und Gaslieferungen auf der Basis eines Liefervertrags nebst Nebenforderungen zu entscheiden. Der Lieferant steckte bereits bei Vertragsschluss mit dem Stromkunden in einer Krise. Der Strom- und Gaskunde leistete in dieser Zeit und danach Abschlagszahlungen. Der Fall (Für den Leser zum besseren Verständnis leicht vereinfacht) Der Strom- und Gaskunde (Kläger oder Kunde) schloss am 9. Februar 2010 einen Vertrag über Strom- und einen Vertrag über Gaslieferung mit dem Lieferanten ab. Der Beklagte war Geschäftsführer des Lieferanten. Im Jahr 2009 konnte der Lieferant seine Verbindlichkeiten nicht mehr begleichen. Ebenfalls im Jahr 2009 erfuhr der [...]
Gesellschafterbeschluss einer GmbH zu angemessenen Geschäftsführergehältern
Das Gesellschaftsrecht zu Geschäftsführerfragen In einem obergerichtlichen Urteil aus 2019 wurde über die Höhe von Geschäftsführervergütungen in einer GmbH entschieden. Die Geschäftsführervergütung wurde auf ihre Angemessenheit und Treuepflicht überprüft. Der Sachverhalt Mit den Stimmen des Mehrheitsgesellschafters wurden in einer 2-Personen-Besitz-GmbH Geschäftsführergehälter für 2 Geschäftsführer jeweils in Höhe von 5.500 EUR brutto beschlossen. Die beiden Geschäftsführer erhielten in Konzerngesellschaften weitere Geschäftsführergehälter. Der Minderheitsgesellschafter griff diesen Beschluss an, - weil der Mehrheitsgesellschafter als betroffener Geschäftsführer vom Stimmrecht ausgeschlossen gewesen sei, - weil die Geschäftsführer für die 2-Personen-Besitz-GmbH quasi nicht tätig seien, - jedenfalls rechtfertigten die von ihnen ausgeübten Geschäftsführungstätigkeiten keine monatliche [...]
Wann ist ein Gesellschafter-Geschäftsführer keine arbeitnehmerähnliche Person?
Der Fall Ein Geschäftsführer einer GmbH nahm den Schutz des § 7 BetrAVG in Anspruch. Er war der Meinung, dass er arbeitnehmerähnliche Person sei und § 17 BetrAVG auf ihn persönlich Anwendung finde. Der Geschäftsführer war Gesellschafter-Geschäftsführer der GmbH. Er hielt mit anderen Gesellschafter-Geschäftsführern 50 % der Geschäftsanteile war war selbst nicht mit einem nur unbedeutenden Geschäftsanteil an der Gesellschaft beteiligt ist. Das Urteil des BGH vom 1. Oktober 2019 – II ZR 386/17 Der BGH verneinte die Eigenschaft des Geschäftsführers als arbeitnehmerähnliche Person. Die persönliche Anwendbarkeit des Betriebsrentengesetzes ist in § 17 BetrAVG geregelt. Nach § 17 Abs. 1 [...]
Zur insolvenzrechtlichen Anfechtung von Darlehensrückzahlungen
Der Fall In dem zwischen zwei Insolvenzverwaltern geführten Rechtsstreit begehrte die Insolvenzverwalterin der Schuldnerin (einer AG) beim Insolvenzverwalter der alleinigen Gesellschafterin gem. §§ 179 Abs. 1, 180ff. InsO die Feststellung eines Anfechtungsanspruches als Insolvenzforderung zur Tabelle. Die Forderung, die die Insolvenzverwalterin der AG festgestellt wissen wollte, ergab sich aus dem Sachverhalt, dass die beiden Gesellschaften einen Gewinnabführungsvertrag vereinbart hatten, der die AG verpflichtete, ihren ganzen Gewinn an die Gesellschafterin (KGaA) abzuführen. Hiernach schlossen die beiden Gesellschaften im Rahmen einer Kontokorrentvereinbarung eine Rahmenvereinbarung, dass die KGaA der AG zur Überbrückung von Liquiditätsengpässen Darlehen ausreichen sollte, die diese regelmäßig, häufig auch mehrfach [...]
Der fakultative Aufsichtsrat in einer GmbH
Der BGH behandelte in seinem Urteil vom 2. Juli 2019 - II ZR 406/19 Rechtsprobleme um den Aufsichtsrat in einer GmbH. Der Fall Im Gesellschaftsvertrag der GmbH fand sich in "§ 9 Aufsichtsrat" folgende Regelungen: (1) Die Gesellschafter können beschließen, dass die Gesellschaft einen aus drei oder sechs Mitgliedern bestehenden Aufsichtsrat erhält. (2) Auf den Aufsichtsrat finden § 52 Abs. 1 GmbHG und die dort genannten aktienrechtlichen Bestimmungen nur Anwendung, falls und soweit die Gesellschafter dies mit der Mehrheit der abgegebenen Stimmen beschließen. (3) Der Aufsichtsrat überwacht die Geschäftsführung. Die Gesellschafter können dem Aufsichtsrat durch Beschluss weitere Aufgaben und Befugnisse [...]
Neues zur Gesellschafterliste einer GmbH
Der BGH bezog in seinem Urteil vom 02. Juli 2019 - II ZR 406/17 erneut Stellung zum umstrittenen Thema der Gesellschafterliste einer GmbH. Der Fall Ein Gesellschafter einer GmbH sollte durch Einziehung seiner Geschäftsanteile aus wichtigem Grund, § 34 GmbHG, aus der Gesellschaft zwangsweise ausgeschlossen werden. Über den Zwangsausschluss wurde in der Gesellschafterversammlung ein annehmender Beschluss gefasst. Der vom Ausschluss betroffene Gesellschafter erwirkte eine einstweilige Verfügung, § 935 ZPO, nach der der GmbH untersagt wurde, infolge des Zwangsausschlusses eine neue Gesellschafterliste - nun ohne den betroffenen Gesellschafter - beim Handelsregister einzureichen, § 40 GmbHG. Trotz der gerichtlichen Untersagung, reichte die [...]
Teilgewinnabführungsvertrag – Vertrag sui generis
Der BGH hatte im Verfahren II ZR 175/18 zu entscheiden, ob eine Vereinbarung über die Verpflichtung einer GmbH, einen Teil ihres jährlichen Gewinns an einen Dritten abzuführen, ein Teilgewinnabführungsvertrag oder ein Vertrag sui generis ist. Beide Vertragstypen sind streng zu unterscheiden. Das Thüringer Oberlandesgericht in Jena qualifizierte die Vereinbarung als Vertrag sui generis. Der die Revision annehmende BGH entschied sich für einen Teilgewinnabführungsvertrag, BGH, Urteil vom 16. Juli 2019 - II ZR 175/18.
Absprache der GmbH mit einem Dritten über die Geschäftsführervergütung
Die Gesellschafter einer GmbH entscheiden deren Angelegenheiten in der zuständigen Gesellschafterversammlung. Zum Aufgabenkreis der Gesellschafter zählen u.a. die Bestellung und die Abberufung von Geschäftsführern sowie die Entlastung derselben, § 46 Nr. 5 GmbHG. Vergütungsvereinbarungen mit dem Geschäftsführer fallen ebenso in die Kompetenz der Gesellschafterversammlung der GmbH, sog. Annexkompetenz (vgl. BGH, Urteil vom 3. Juli 2018 - II ZR 452/17). Laut Urteil des BGH vom 14. Mai 2019 – II ZR 299/17 fällt in die Zuständigkeit der Gesellschafterversammlung eine Absprache der GmbH mit einem Dritten über die Geschäftsführervergütung, nach der der Dritte die Zahlung der Geschäftsführervergütung zunächst übernimmt und später an [...]