Der einen Finanzplankredit vergebende Gesellschafter ist nicht selten von Vertragsreue befallen. Muss der Gesellschafter später fällige Teildarlehen an die Gesellschaft auszahlen, obwohl er längst nicht mehr an den Erfolg des durch Finanzplandarlehen finanzierten Projekts glaubt, ist er geneigt, sich seiner Zahlungsverpflichtungen zu entziehen. Rückzahlungsverlangen von ausgereichten Finanzplandarlehen führen ebenso oft zum Gesellschafterstreit.

Das Urteil des OLG Frankfurt behandelt Ansprüche auf Rückzahlung eines Finanzplankredits des Gesellschafters gegen eine GmbH und gegen den Mitgesellschafter nach Ausscheiden des Darlehensgebers aus der GmbH.

Der Fall

A und B gründeten die C-GmbH. A und B verpflichteten sich im Rahmen der Gründng der C-GmbH, dieser jeweils zu gleichen Teilen die für die Aufnahme derer Geschäftstätigkeit erforderlichen Mittel zur Verfügung zu stellen, so dass die C-GmbH insbesondere Aufträge vergeben, ein geplantes Projekt entwickeln und eine finanzierende Bank finden konnte. A zahlte vereinbarungsgemäß in fünf Raten einen Betrag in Höhe von insgesamt 251.875 € an die C-GmbH. Kurze Zeit später übertrug A seinen Gesellschaftsanteil an der C-GmbH auf den B und schied aus der Gesellschaft aus. Gleichzeitig kündigte er seine Darlehen an die C-GmbH unter Einhaltung der gesetzlichen Kündigungsfrist.

A verlangt nach Ablauf der Kündigungsfrist die Erstattung der von ihm erbrachten Zahlungen von B und der C-GmbH. A behauptet, B habe sich zur Rückzahlung mündlich verpflichtet.

Das Urteil

I. Zahlungsanspruch des A gegen die C-GmbH

A hat gegen die C-GmbH einen Anspruch auf Zahlung von 251.875 € aus beendeten Darlehensverträgen gemäß § 488 Abs. 1 S. 2, Abs. 3 S. 1 und 2 BGB.

Zwischen A und der C-GmbH wurden konkludent fünf Darlehensverträge im Rahmen eines Finanzplandarlehens geschlossen.

Was ist ein Finanzplankredit?

Ein Finanzplankredit ist Teil einer langfristigen Finanzplanung.

Die Gesellschafter verpflichten sich, der Gesellschaft zur Sicherstellung der Erreichung des Gesellschaftszwecks und zur Vermeidung von Liquiditätsengpässen frisches Kapital zur Verfügung zu stellen, wenn dieses zur Finanzierung erforderlich ist. Dabei ist es einerlei, ob der Finanzplankredit

  • im Gesellschaftsvertrag festgeschrieben,
  • in einer Gesellschafterversammlung beschlossen oder
  • in einer ausdrücklichen oder konkludent schuldrechtlichen Abrede zwischen den Gesellschaftern oder der Gesellschaft und den Gesellschaftern vereinbart

wurde.

Die Gewährung eines Finanzplankredits dient als Ersatz für eigentlich erforderliches Eigenkapital und hat einlageähnlichen Charakter.

Indizien für die Annahme eines Finanzplankredits sind etwa

  • die Bindung der Darlehensverpflichtung an die Gesellschafterstellung,
  • die beteiligungsproportionale Verpflichtung,
  • die Einräumung besonders günstiger Zinskonditionen,
  • die Pflicht zur langfristigen Überlassung,
  • das Fehlen einer einseitigen Kündigungsmöglichkeit und
  • (nach Einschätzung der Gesellschafter) die Unentbehrlichkeit des Darlehens für die Verwirklichung der gesellschaftsvertraglichen Ziele, insbesondere als Grundlage für die Aufnahme von Fremdmitteln.

Im Fall des OLG lag ein Finanzplankredit vor

A und B war bewusst, dass die C-GmbH für die Aufnahme ihrer Geschäftstätigkeit erhebliche finanzielle Mittel benötigte. Denn sie sollte ein Grundstück kaufen und dieses mit einem Mehrfamilienhaus bebauen. Das für die Aufnahme der Geschäftstätigkeit erforderliche Geld wollten A und B, die jeweils mit 50 % an der C-GmbH beteiligt waren, nach der zwischen ihnen getroffenen schuldrechtlichen Abrede zu gleichen Teilen – also beteiligungsproportional – zur Verfügung stellen. Eine Verzinsung des zur Verfügung gestellten Geldes war nicht vorgesehen, da eine entsprechende Abrede fehlt. Mithin erweisen sich die Zinskonditionen als besonders günstig. Unstreitig sollte das der C-GmbH zur Verfügung gestellte Geld auch Grundlage für die Aufnahme von Fremdmitteln sein, denn A und B beabsichtigten auch, nach ihren Zahlungen eine „finanzierende Bank“ zu finden.

Ein Finanzplankredit ist keine Kapitalrücklage

Da von einem Darlehen die Rede war und ist, spricht entscheidend gegen die Auffassung des B, A habe freiwillige Einzahlungen in die Kapitalrücklage gemäß § 272 Abs. 2 Nr. 4 HGB erbringen wollen, die nicht zurückgefordert werden können.

Kann ein Finanzplandarlehen gekündigt werden?

Da A mit der C-GmbH keine gesonderte Vereinbarung über die Rückzahlung der gewährten Darlehen getroffen hat, waren die Verträge gemäß § 488 Abs. 3 S. 1 BGB ordentlich kündbar.

Zwar ist bei Finanzplankrediten das Recht zur ordentlichen und außerordentlichen Kündigung regelmäßig ausgeschlossen, was aus dem Zweck der Darlehensgewährung folgt. Dies führt dazu, dass die streitgegenständlichen Darlehensverträge von A nicht nach Belieben gekündigt werden konnten.

Kündigung des Finanzplandarlehens bei Ausscheiden des Gesellschafters

Doch ergibt sich weder aus einer Auslegung der zwischen A und B getroffenen Abrede noch aus einer Auslegung der zwischen dem A und der C-GmbH geschlossenen Darlehensverträge, dass die Darlehen auch bei einem Ausscheiden des A aus der Gesellschaft nicht gekündigt werden dürfen. „Gerade in einem Fall, in dem der Darlehensgeber nicht mehr an dem Erfolg einer Gesellschaft partizipieren wird und auch keinerlei Einflussmöglichkeiten auf das Geschick der Gesellschaft besitzt, würde es Treu und Glauben widersprechen, ihn auf letztlich unbestimmte Zeit an den Darlehensverträgen festhalten zu wollen.“

Eine einvernehmliche vorherige Aufhebung des Finanzplandarlehens zwischen A, B und der C-GmbH war ausnahmsweise nicht erforderlich. Denn nach dem Ausscheiden des A aus der Gesellschaft war B verpflichtet, an der Aufhebung der Finanzplanabrede mitzuwirken. Gleiches gilt für die C-GmbH.

Die Kündbarkeit der Darlehensverträge gegenüber der C-GmbH wurde denmach nicht dadurch ausgeschlossen, dass ihnen jeweils die Finanzplanabrede des A und des B zu Grunde lagen.

II. Zahlungsanspruch des A gegen den B

A kann sich gegen B aus keiner denkbaren Anspruchsgrundlage auf einen Zahlungsanspruch berufen.

Schuldbeitritt

A kann gegen B keine Rechte aus einem Schuldbeitritt herleiten, da er wegen Formmangels gemäß § 494 Abs. 1 BGB nichtig wäre. „Bei dem in Rede stehenden Schuldbeitritt würde es sich um den Beitritt eines Verbrauchers zu einem Darlehensvertrag handeln, bei dem die Schriftform des § 492 Abs. 1 BGB zu wahren gewesen wäre …. B ist trotz des Umstands, dass er Geschäftsführer und Mitgesellschafter der C-GmbH war, als Verbraucher im Sinne von § 13 BGB anzusehen.“ Dass es sich bei der C-GmbH nicht um eine Verbraucherin handelte, ist unerheblich. Eine Heilung des Formmangels nach § 494 Abs. 2 S. 1 BGB kommt bei einem Schuldbeitritt nicht in Betracht.

Bürgschaft

Ein Anspruch des A scheitert jeweils an der Formnichtigkeit der Erklärung. Gemäß § 766 Abs. 1 BGB ist die schriftliche Erteilung der Bürgschaftserklärung erforderlich.

Abstraktes Schuldanerkenntnis

A hat gegen B keinen Anspruch aus einem abstrakten Schuldversprechen gemäß §§ 780, 781 BGB, da bereits die Schriftform des § 780 S. 1 BGB nicht gewahrt wurde.

Deklaratorisches Schuldanerkenntnis

Ein derartiges Anerkenntnis schafft keine neue Verbindlichkeit, sondern bestätigt lediglich eine schon vorhandene Schuld.

Unsere Empfehlung

Ein Finanzplandarlehen sollte vom Gesellschafter ähnlich sorgsam durchdacht werden, wie eine Bank die Ausgabe eines Darlehens vorbereitet. Einzelheiten wie Karakterisierung als Darlehen, Sicherheiten für das Darlehen, Lösungsansätze bei Konflikten untereinander, die Kündigung des Finanzplandarlehens, Übertragungsmöglichkeiten des Darlehens, Ratenzahlungen etc. müssen in die Vereinbarung aufgenommen werden.

Den Volltext des OLG Frankfurt, Urteil vom 23. Oktober 2019 – 13 U 99/18 ist hier nachzulesen.

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