Entlastung der Geschäftsführer
Die Entlastung der Geschäftsführer ist regelmäßig Tagesordnungspunkt einer jährlichen, ordentlichen Gesellschafterversammlung, § 46 Nr. 5 GmbHG.
Mit der Entlastung billigen die Gesellschafter
- die Amtsführung für die vergangene Entlastungsperiode und
- sprechen der Geschäftsführung gleichzeitig ihr Vertrauen für die künftige Geschäftsführung aus.
Grundsätzlich folgt einem Entlastungsbeschlusses der Gesellschafterversammlung ein Ausschluss von Ersatzansprüchen gegen die Geschäftsführer und der Verfall sonstiger Sanktionen wie der wichtige Grund für eine außerordentliche Kündigung, vgl. BGH, Urteil vom 30.10.1958.
Voraussetzung für eine solche Präklusion von Schadensersatzansprüchen ist, dass insoweit bestehende Ansprüche im Entlastungszeitpunkt für die Gesellschafter erkannbar waren. Die Geschäftsführung hat also der Gesellschafterversammlung alle erforderlichen Informationen zu liefern, damit die Gesellschafter eine Entlastung sorgfältig prüfen und damit auf vollständig bekannter Tatsachenlage entscheiden können.
Täuscht die Geschäftsführung die Gesellschafter über – für den Entlastungsbeschluss – relevante Tatsachen, kommt eine Enthaftung der Geschäftsführer regelmäßig nicht in Betracht. Verschleiert der Geschäftsführer relevante Tatsachen oder zerstreut er Bedenken der Gesellschafter durch unwahre Angaben, hat er eine Entlastung regelmäßig erschlichen. Für einen Verzicht von Ersatzansprüchen etc. ist dann kein Platz.
In den Mittelpunkt eines Streits über die Entlastung und damit verbunden über die Enthaftung bzw. Verzichtswirkung rücken die Fragen,
- welche für die Entlastung erforderlichen Informationen lieferte der Geschäftsführer,
- welche für die Entlastung erforderlichen Informationen haben die Gesellschafter aus anderen Quellen vorliegen,
- welche Tatsachen waren im Entlastungszeitpunkt allen Gesellschaftern genau und positiv bekannt und
- wie sorgfältig war die Prüfung der Gesellschafterversammlung vor dem Entlastungsbeschluss.
Informationspflicht der Geschäftsführer
Es versteht sich von selbst, dass die Geschäftsführer vor ihrer Entlastung alle Gesellschafter aktiv und vollständig über alle relevanten Vorgänge in der GmbH zu informieren haben. Die ordnungsgemäße Rechenschaftslegung der Geschäftsführung und die Vorlage aller erforderlichen Unterlagen erfüllen die Informationspflicht des Geschäftsführers.
Informationspflicht der Gesellschafter
Die Gesellschafter treffen Nachforschungspflichten und damit neben einem Informationsrecht auch eine Informationspflicht. Treten offene Fragen aus den Rechenschaftsberichten oder sonstigen Unterlagen oder Informationen auf und kommen nach sorgfältiger Prüfung bei den Gesellschaftern Zweifel auf, haben die Gesellschafter die Pflicht, Zweifel vor der Entlastung auszuräumen.
Erkennbarkeit von Ansprüchen gegen Geschäftsführer ohne weitere Nachforschung durch Gesellschafterversammlung
Sind die Tatsachen für Ansprüche und sonstige Konsequenzen (Tatsachen) bei gebotener sorgfältiger Prüfung durch die Gesellschafter ohne weiteres aus den der Gesellschafterversammlung zur Verfügung stehenden Unterlagen erkennbar, führt eine Entlastung zur Enthaftung. Beispiele:
- Jahresabschluss
- Gehaltsabrechnung enthält unzulässige Provisionen und Boni
- unberechtigtes Weihnachts- und Urlaubsgeld – Mitgeschäftsführer ist beteiligt.
Erkennbarkeit von Ansprüchen gegen Geschäftsführer im Rahmen der Nachforschung durch Gesellschafterversammlung
Die Gesellschafter der GmbH sind vor einem Entlastungsbeschluss verpflichtet, entstandenen Unsicherheiten, Zweifelsfragen oder entdeckten Lücken nachzugehen. Insoweit trifft sie auch eine Informationspflicht, etwa durch die Inanspruchnahme von Informations- und Auskunftsansprüchen oder auch andere geeignete Nachforschungsmaßnahmen. Unterlassen sie diese Vorbereitungspflichten, droht eine Entlastung in Verbindung mit dem Ausschluss von Ansprüchen gegen den Geschäftsführer, die bei Kenntnis der vollständigen Tatsachen verhindert worden wären. Siehe auch
Keine Erkennbarkeit von Ansprüchen gegen Geschäftsführer
Eine Enthaftung des Geschäftsführers entfällt, wenn die Gesellschafter der GmbH die zur Beurteilung über eine Entlastung erforderlichen Tatsachen nicht erkennen konnten, z.B.
- in Bezug auf fehlerhafte Buchhaltungsangelegenheiten
- fehlerhafte Ausbuchungen
- fehlerhafte Gutschriften
- fehlerhafte Vorlage von geschlossenen Verträgen
- pflichtwidrige Kreditvergabe
- fehlerhafte Leistungen an Geschäftsführer
- Kostenübernahme von fremden Werkvertragsverhältnissen etc.
- pflichtwidrige Übertragung von Leasingverträgen
- Beraterverträge ohne Zustimmung der Gesellschafterversammlung
- Begünstigungen Dritter aus dem persönlichen Umfeld der Geschäftsführers
- aus anderen Dokumenten
- Mietzahlungen der GmbH für Dritte
- finanzielle Unterstützung an dritte Gesellschaft
- unterbliebene wichtige Informationen
- Festsetzung eines zu niedrigen Kaufpreises ohne Vorlage von Gutachten.
Sonstige Nichtigkeit des Entlastungsbeschlusses
Unsere Empfehlung
Der Geschäftsführer muss mit großer Sorgfalt sämtliche für die Entlastung erforderlichen Information den Gesellschaftern vor einem Entlastungsbeschluss zur Verfügung stellen. Die Informationen und Unterlagen müssen eventuelle Ansprüche und Sanktionsmöglichkeiten gegen den Geschäftsführer für die Gesellschafter erkannbar sein. Eine darauf folgende Entlastung kommt einen Anspruchs- und Sanktionsverzicht gleich.
Auf der anderen Seite müssen die Gesellschafter die Entlastungsentscheidung mit der notwendigen Sorgfalt vorbereiten. Sie sollten ihr Informations- und Auskunftsrecht aus § 51a GmbHG ziehen und bei Zweifeln über Ansprüche gegen den Geschäftsführer nachhaken.
Thüringen, 2021