Gesellschafter einer Gesellschaft streiten sich gelegentlich „bis aufs Blut“. Ein tiefgreifendes Zerwürfnis der Gesellschafter liegt vor. Die Gesellschafter müssen sich vernünftigerweise trennen, insbesondere in einer Gesellschaft mit einem kleinen Gesellschafterkreis oder einer 2-Personen-Gesellschaft.
Aber wie?
Der Fall zum Zerwürfnis der Gesellschafter
Zwei Personen (K und B1) waren an mehreren GbR und GmbH beteiligt. Die Gesellschaften beschäftigten sich mit der Vermietung von Grundstücken und dem Betrieb von Windenergieanlagen.
Die C-GbR hielt und vermietete mehrere Wohnungen auf einem Grundstück. Der schriftlich gefasste Gesellschaftsvertrag sah
- gleich hohe Gesellschaftsanteile des K und der B1,
- ein Gewinnentnahmerecht unter Berücksichtigung der Liquidität und
- eine Fortsetzungsklausel bei Ausscheiden eines Gesellschafters
vor.
- K und B1 einigten sich darüber, dass K zukünftig 6 % und B1 94 % der Anteile an der C-GbR halten.
- K und B1 hielten die notarielle Beurkundung einer weiteren angestrebten Auseinandersetzungsvereinbarung über andere von ihnen betriebenen Gesellschaften für erforderlich. Dazu kam es nicht. Die Verantwortung dafür weisen sich die K und B1 gegenseitig zu.
Um die Gewinnentnahme des K für die Jahre 2014 und 2015 führten K, B1 und die betroffene Gesellschaft einen Rechtsstreit, den sie mit einem Vergleich in 2019 beendeten.
K und B1 erledigten auch einen weiteren Rechtsstreit in 2019. Nun hielten K 6 %, B1 92 % und B2 2 % der Geschäftsanteile an der C-GbR.
B1, der die Geschäfte der C-GbR führte, betrieb nach den oben beschriebenen Einigungen im Oktober 2019 den Ausschluss des K aus der C-GbR mit der Begründung:
- K habe seine Treuepflichten vorsätzlich erheblich verletzt.
- Das Vertrauensverhältnis zu den anderen Gesellschaftern sei zerstört.
- K überziehe die Gesellschaft seit März 2017 mit Klagen, die die Gesellschaft bislang mit 13.000 Euro Prozesskosten belastet hätten, obwohl die umstrittenen Fragen kostenlos in Gesellschafterversammlungen hätten geklärt werden können.
- Den gegen die Regelungen des Gesellschaftervertrags geschlossenen Vergleich habe die Gesellschaft nicht erfüllen können, weil K sich in einer weiteren Gesellschaft der Rückzahlung eines Kredits an die D-GbR ohne Grund verweigert habe. Er drohe nun die Zwangsvollstreckung gegen die Gesellschaft an, um sie zu ruinieren.
K nahm an der Gesellschafterversammlung nicht teil. Die anderen Gesellschafter beschlossen einstimmig die Ausschließung des K aus der C-GbR.
- Nachdem die C-GbR die erste Rate aus dem Vergleich von 2019 nicht an K zahlte, betrieb K die Zwangsvollstreckung gegen die C-GbR. K pfändete im Januar 2020 das Kontoguthaben der C-GbR. Auf das betroffene Konto gingen die Mieteinnahmen der C-GbR ein, welches zur Rückzahlung von Krediten diente. Es wurde ein weiterer Rechtsstreit zwischen den Parteien dazu geführt.
- K ging in diesem Verfahren gegen seinen Ausschluss mit dem Antrag vor, der Ausschließungsbeschluss sei nichtig, weil ein wichtiger Grund nicht vorliege.
- Das Landgericht folgte dem Antrag des K und stellte die Nichtigkeit des Ausschlusses des K aus der C-GbR fest.
Das Urteil zum Zerwürfnis der Gesellschafter
Das OLG Brandenburg verneinte in seinem Urteil vom 03.11.2021 – 7 U 194/20 einen wichtigen Grund zum Ausschluss des Gesellschafters K (§ 737 BGB):
“ … im Falle eines tiefgreifenden Zerwürfnisses der Gesellschafter setzt ein (Ausschluss eines Gesellschafters aus einer Gesellschaft – Einfügung durch Verfasser) voraus,
dass das Zerwürfnis von dem betroffenen Gesellschafter zumindest überwiegend verursacht worden ist und
in der Person der die Ausschließung betreibenden Gesellschafter keine Umstände vorliegen,
die deren Ausschließung oder die Auflösung der Gesellschaft rechtfertigen (BGH, NZG 2013, 1344, Rdnr. 17 [GmbH]).
Nur das überwiegende Verschulden des Auszuschließenden rechtfertigt sein Hinausdrängen.
Beruht die Unzumutbarkeit der Fortsetzung der Gesellschaft auf ungefähr gleichgewichtigen Beiträgen auch der anderen Gesellschafter, so wird dadurch die Gesellschaft insgesamt in Frage gestellt.
Sie ist dann durch Kündigung zu beenden (vgl. § 723 I 2 BGB).
Ob strengere Anforderungen an einen Ausschluss oder an eine Kündigung zu stellen sind, ist allerdings nicht abschließend geklärt.
Das Interesse des Auszuschließenden legt eine Beurteilung anhand der ihm zustehenden Abfindung nahe.
Wenn dem ausgeschlossenen Gesellschafter der volle Wert seines Anteils auf Grundlage der Fortsetzungswerte, nicht der Liquidationswerte, zusteht, führt eine Auflösung der Gesellschaft anstelle des Ausschlusses zu einer Schlechterstellung des betroffenen Gesellschafters ….
Der betroffene Gesellschafter kann allerdings dem Liquidationsergebnis geringere Bedeutung zumessen als ideellen Gesichtspunkten, etwa einem Ansehensverlust durch die mit dem Ausschluss verbundenen Beendigung der Geschäftsführerbefugnisse …“
Das OLG stellte fallbezogen in seinem Urteil darauf ab, ob die von den anderen Gesellschaftern bzw. von der C-GbR vorgetragenen wichtigen Gründe ausreichend schwer wiegen, um K sein Hinausdrängen aus der fortbestehenden Gesellschaft zuzumuten.Der Ausschluss des K muss der letzte mögliche Weg zur Befriedung (ultima ratio) sein.
Die Feststellung, ob dem K der Ausschluss zumutbar ist, setzt eine umfassende Würdigung aller Verursachungs- und Verantwortungsbeiträge sämtlicher Beteiligter an der Lage voraus, die zum Widerstreit zwischen Gesellschafterbeschlüssen und deren Anfechtung führte.
Nach der Abwägung aller Interessen sah das Gericht den Streitbeitrag des K nicht so überwiegend an, „dass ihm seine Ausschließung aus der Gesellschaft als letztes Mittel der Bereinigung des entstandenen Streits zugemutet werden könnte.“
Der Vorwurf, der K habe völlig unnötig Prozesse geführt und stets unberechtigte Forderungen erhoben, so hätte K nach Auffassunfg des Gerichts „die Prozesse verlieren und die Gesellschaft hätte keine Kosten tragen müssen.“
Dass die befassten Gerichte Meditationen angeregt und Vergleiche angeraten haben, zeigt, dass der Kläger keineswegs ohne jede Berechtigung vorgegangen ist.
Es könne dem K zwar als grobe Treuwidrigkeit vorgeworfen werden, wenn er eine berechtigte Forderung ohne jede Rücksicht auf den davon bedrohten Fortbestand der Gesellschaft durchsetzt. Es könne gegenüber den anderen Gesellschaftern grob illoyal erscheinen,
- trotz einer Regelung in § 7 des Gesellschaftsvertrags über ein Gewinnentnahmerecht unter Berücksichtigung der Liquidität,
- die Gesellschaft und damit nicht nur die künftigen Erwerbs- und Gewinninteressen der anderen Gesellschafter mit der Durchsetzung der Forderungen zunichtezumachen,
- sondern auch gegen die eigenen Interessen zu handeln,
- nur um eine Forderung jetzt durchzusetzen, deren Befriedigung in der Zukunft nicht gefährdet erscheint.
Allerdings schlossen die Gesellschafter der C-GbR mit K einen Vergleich, mit dem die C-GbR sich freiwillig und in eigener Verantwortung auf eine Ratenzahlungsverpflichtung gegenüber dem K einließen.
Die C-GbR hätte danach versuchen können, für ein Obsiegen vor dem Gericht die Regelung des Gesellschaftsvertrages gegen den Zahlungsanspruch des Klägers einzuwenden.
Mit dem Vergleich übernahm die C-GbR die Verantwortung dafür,
- auf einen Liquiditätseinwand verzichtet zu haben oder
- einen solchen Einwand mit Abschluss des Vergleichs nicht für erforderlich zu erachten.
„Hätte sie dafür – wie die Beklagten nun vortragen – eine Mitwirkungshandlung des Klägers für entscheidend gehalten, die in einer anderen Gesellschaft bei der Erfüllung einer Forderung erforderlich gewesen sein könnte, so hätte es nahegelegen, dem Kläger in dem Vergleich diese Handlung aufzuerlegen. Darauf hat weder die Gesellschaft wert gelegt, noch die am Prozess beteiligte Beklagte zu 1“ (B1).
Die Entwicklung nach Beginn der Zwangsvollstreckung spricht gegen die Annahme, K habe die die bis heute nicht zahlungsunfähige C-GbR ruinieren wollen. Die Kreditverpflichtungen der C-GbR wurden weiter erfüllt.
- K trug zwar zur verfahrenen Lage der C-GbR bei. Ein Fehlverhalten des K erreicht gegenüber den Beiträgen der B1 kein Übergewicht an Illoyalität, das einen Ausschluss aus der Gesellschaft rechtfertigen könnte.
Unsere Empfehlung zum Zerwürfnis der Gesellschafter
Für einen erfolgreichen Ausschluss eines Gesellschafters aus einer Gesellschaft sind sehr hohe Hürden zu überwinden. Einige Richter an den Kammern für Handelssachen der Landgerichte vertreten die Auffassung, dass ein solcher Ausschluss ganz äußerst selten Erfolg haben könne.
Eine vollständige Zusammenstellung aller Streitbeiträge der Parteien und deren umfassende Würdigung ist das Gebot.
Unsere Kanzlei betreut einen Ausschlussfall. Dort verweigerte ein Aktionär (weniger als 2% Beteiligung) einer Aktiengesellschaft nach Rücknahme seiner Klage gegen die AG die Freigabe der vom Kläger – im vorläufigen Rechtsschutzverfahren – arrestierten und von der AG hinterlegten hohe Geldbeträge ca. 18 Monate. Der Aktionär strapazierte die Zivilprozessordnung bis es nicht mehr ging. Hohe, nicht festsetzungsfähige, weil auf Stundenbasis abgerechnete Anwaltskosten entstanden, von denen der Aktionär wusste. Es folgte ein Ausschluss des Aktionärs aus der AG durch Hauptversammlungsbeschluss.
Das Verfahren ist bei einem Landgericht anhängig. In einer ersten mündlichen Verhandlung deutete das Gericht an, dass es einen für den Ausschluss des Aktionärs aus der AG erforderlichen wichtigen Grund sehen könnte.
Näheres zum Ausschluss eines Gesellschafters aus der Gesellschaft kann unter Gesellschafterstreit und Ausschluss und Abfindung vertieft werden.