Der BGH hat mit seiner Entscheidung vom 27. Juli 2021 – II ZR 164/20 zur Geschäftsführerhaftung einer GmbH auch sog. Zombie-Unternehmen aufs Korn genommen.
Der BGH verschärft die Geschäftsführerhaftung deutlich, wenn tatsächlich insolvenzreife Unternehmen künstlich am Leben gehalten werden.
Neben der Insolvenzverschleppungshaftung kommt eine Haftung wegen vorsätzlich sittenwidriger Insolvenzverschleppung nach § 826 BGB in Betracht.
Der Fall
A beauftragte am 14. Januar 2015 die S-GmbH, deren Geschäftsführer der B war, mit Fassadenarbeiten. A zahlte 13.000 € an. Die S-GmbH erbrachte die Werkleistung quasi nicht. A verlangte die Rückzahlung von 11.000 € entsprechend dem erreichten Leistungsstand.
A beantragte ein selbständiges Beweisverfahren gegen die S-GmbH. Das Landgericht ordnete eine sachverständige Begutachtung an.
Gegen den B erging ein Strafbefehl wegen vorsätzlicher Insolvenzverschleppung. Über das Vermögen der S-GmbH wurde das Insolvenzverfahren eröffnet.
Das Gutachten ergab eine Leistungserbringung von lediglich ca. 5 % (900 € einschließlich Umsatzsteuer) und von S-GmbH verursachte Mängel, deren Beseitigungskosten es auf 6.400 € schätzte.
Die S-GmbH gab bekannt, dass die Insolvenzmasse nicht in der Lage sei, Kosten für die Vergütung eines Sachverständigen zu tragen.
A verlangte die Erstattung von Gerichtskosten des selbständigen Beweisverfahrens, Kosten der gerichtlich angeordneten Begutachtung durch den Sachverständigen und Rechtsanwaltskosten.
Daneben begehrt A die Feststellung, dass dem Zahlungsanspruch eine vorsätzliche unerlaubte Handlung des Beklagten zugrunde liegt.
Das Urteil
Der BGH stellte fest:
„1. Die vorsätzliche Insolvenzverschleppung in der Absicht, das als unabwendbar erkannte Ende eines Unternehmens so lange wie möglich hinauszuzögern, erfüllt den Tatbestand einer sittenwidrigen Schädigung i.S.d. § 826 BGB, wenn dabei die Schädigung der Unternehmensgläubiger billigend in Kauf genommen wird.
2. Der Schutzbereich einer vorsätzlich sittenwidrigen Insolvenzverschleppung erfasst Personen, die vor Insolvenzreife in Vertragsbeziehungen mit einer GmbH getreten sind und durch einen gegen die mittlerweile unerkannt insolvenzreife Gesellschaft eingeleiteten Rechtsstreit oder ein gegen diese eingeleitetes selbstständiges Beweisverfahren mit Kosten belastet werden, für die sie bei der Gesellschaft keinen Ersatz erlangen können.“
Danach wurden die Rechte des Geschäftspartners des Zombie-Unternehmens mit dem Urteil deutlich verbessert.
Der Geschäftspartner kann gegebenenfalls den Geschäftsführer des Zombie-Unternehmens persönlich in Haft nehmen. Die Managerhaftpflichtversicherung muss für das Verhalten des Geschäftsführers nicht mehr einstehen.
Thüringen, 2021