Auch wenn die Insolvenzantragspflicht von Unternehmen bis zum 30.09.2020 ausgesetzt ist, wenn
- die Insolvenzreife auf den Folgen der Ausbreitung des SARS-CoV-2-Virus beruht und
- die Aussicht besteht, eine Zahlungsunfähigkeit zu beseitigen,
denken Organe von Unternehmen über den Gang in die Insolvenz nach. Reicht der GmbH-Geschäftsführer einen Insolvenzantrag voreilig beim Insolvenzgericht ein, kann ihn eine Haftung gegenüber der Gesellschaft und den Gesellschaftern treffen.
Drohende Zahlungsunfähigkeit und Sanierungsversuch
Kommt es zu Liquiditätsengpässen im Unternehmen, prüft ein gewissenhafter Geschäftsführer, ob diese auf eine drohende Zahlungsunfähigkeit hindeuten (§ 18 InsO ). Gegebenenfalls hat der Geschäftsführer ein Wahlrecht. Er kann einen Insolvenzantrag frühzeitig stellen und eine Sanierung des Unternehmens versuchen. Ein außergerichtlicher Sanierungsversuch ist mangigfaltig vorteilhaft. Eine unerwünschte Publizität des Insolvenzantrags fällt aus. Negative Schlagzeilen sind weniger zu befürchten. Gefährdende Kettenreaktionen und letzlich das Scheitern der Sanierung können vermieden werden.
Je weiter die Gesellschaft im Vorfeld von einer Überschuldung oder Zahlungsunfähigkeit entfernt ist, desto eingeschränkter ist das unternehmerische Ermessen des Geschäftsführers. Der Geschäftsführer handelt bei drohender Zahlungsunfähigkeit pflichtwidrig, wenn er einen Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens stellt, ohne die Gesellschafterversammlung zuvor angehört zu haben oder entgegen der Weisung der Gesellschafterversammlung handelt.
Voreiliger Insolvenzantrag und Haftung des Geschäftsführers
Stellt der Geschäftsführer einer GmbH einen Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens
- ohne außergerichtliche Sanierungsmöglichkeiten zu prüfen und durchzuführen,
- ohne die Gesellschafterversammlung zu fragen oder
- entgegen anderer Weisung durch die Gesellschafterversammlung
begibt sich der Geschäftsführer in eine Haftungsfalle. Ein voreiliger Insolvenzantrag kann eine Haftung des Geschäftsführers gemäß § 43 Abs. 2 GmbHG wegen Verstoßes gegen die Sorgfalt eines ordentlichen Geschäftsmanns auslösen. Entsteht insoweit ein Geschäfts- oder Reputationsschaden beim Unternehmen, muss der Geschäftsführer für den Schaden einstehen.
Mit anderen Worten: Der Haftungstatbestand ist erfüllt, wenn ein Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens ohne bzw. vor der Prüfung außergerichtlicher Sanierungsmöglichkeiten verfrüht gestellt worden und dadurch ein Geschäfts- oder Reputationsschaden eingetreten ist. Dieser die Haftung begründende Zusammenhang besteht dann, wenn im Zeitpunkt der Antragstellung aus der Sicht des Geschäftsführers eine Sanierung durch Teilnahme am Geschäftsverkehr als Alternative noch möglich erschien und er dies hätte erkennen müssen.
Neben der Haftung gegenüber der Gesellschaft als solcher muss der Geschäftsführer Ansprüche der einzelnen Gesellschafter fürchten. Ein voreilig gestellter Insolvenzantrag kann auch ein Grund für die Kündigung und Abberufung des Geschäftsführers sein.
Falscher Insolvenzantrag
Ein Insolvenzantrag, der die Voraussetzungen eines Insolvenzgrundes offenkundig nicht enthält bzw. es tatsächlich an einem Grund fehlt, führt als grobe Pflichtverletzung zur Geschäftsführerhaftung nach § 43 Abs. 2 GmbHG . Bei vorsätzlichem Handeln ist weiter an eine Haftung gegenüber der Gesellschaft als auch ihren Gesellschaftern wegen vorsätzlicher sittenwidriger Schädigung (§ 826 BGB) oder unter Untreuegesichtspunkten (§ 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 266 StGB ) zu denken. Inhaltlich falsche Angaben im Insolvenzantrag, auch fahrlässige, sind auch strafbar.
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