Das Gesellschaftsrecht zu Geschäftsführerfragen
In einem obergerichtlichen Urteil aus 2019 wurde über die Höhe von Geschäftsführervergütungen in einer GmbH entschieden. Die Geschäftsführervergütung wurde auf ihre Angemessenheit und Treuepflicht überprüft.
Der Sachverhalt
Mit den Stimmen des Mehrheitsgesellschafters wurden in einer 2-Personen-Besitz-GmbH Geschäftsführergehälter für 2 Geschäftsführer jeweils in Höhe von 5.500 EUR brutto beschlossen. Die beiden Geschäftsführer erhielten in Konzerngesellschaften weitere Geschäftsführergehälter.
Der Minderheitsgesellschafter griff diesen Beschluss an,
– weil der Mehrheitsgesellschafter als betroffener Geschäftsführer vom Stimmrecht ausgeschlossen gewesen sei,
– weil die Geschäftsführer für die 2-Personen-Besitz-GmbH quasi nicht tätig seien,
– jedenfalls rechtfertigten die von ihnen ausgeübten Geschäftsführungstätigkeiten keine monatliche Vergütung in Höhe von jeweils 5.500,00 € brutto.
Die Genehmigungsbeschlüsse verstießen demnach gegen die gesellschaftsrechtliche Treuepflicht.
Das Urteil
Das OLG Hamm entschied mit Urteil vom 09.09.2019 – 8 U 7/17:
1. Kein Stimmverbot des Mehrheitsgesellschafters
Der Mehrheitsgesellschafter war nicht vom Stimmrecht ausgeschlossen. Ein solcher Ausschluss kann sich nur aus § 47 Abs. 4 GmbHG ergeben. Diese Norm hindert den Gesellschafter einer GmbH nicht daran, an Beschlussfassungen über die Konditionen seines eigenen Geschäftsführeranstellungsvertrags einschließlich der Höhe der Bezüge mitzuwirken und an den diesbezüglichen Abstimmungen teilzunehmen. Erst recht ist der Gesellschafter stimmberechtigt, wenn es um die Konditionen des Geschäftsführeranstellungsvertrages eines nahen Angehörigen geht. § 47 Abs. 4 GmbHG ist auf Rechtsgeschäfte mit diesen nicht anwendbar.
2. Gleichbehandlung, gesellschaftsrechtliche Treuepflicht und teilschichtige Geschäftsführertätigkeit
Beschlüsse, mit denen Geschäftsführervergütungen eingeführt oder erhöht werden, sind unter dem Gesichtspunkt des Gleichbehandlungsgrundsatzes, der gesellschaftsrechtlichen Treuepflicht und der Besonderheit teilschichtiger Geschäftsführertätigkeiten zu überprüfen.
2.1 Gleichbehandlung
Es ist unzulässig, einem Geschäftsführer einen durch keine entsprechende Gegenleistung gedeckten Vermögensvorteil zuzuwenden, wenn anderen Gesellschaftern kein entsprechender Vorteil eingeräumt wird.
Bei der Bemessung der Vergütung steht den Gesellschaftern allerdings ein recht weiter Ermessensspielraum zu, innerhalb dessen eine Vergütung nicht als unangemessen angesehen werden kann.
Die Angemessenheit der Geschäftsführervergütung richtet sich nicht allein nach den vom Geschäftsführer zu erbringenden und schon erbrachten Leistungen. Vielmehr ist eine Gesamtwürdigung aller Umstände erforderlich, zu denen insbesondere Art, Größe und Leistungsfähigkeit des Unternehmens, Alter, Ausbildung, Berufserfahrung und Fähigkeiten des Geschäftsführers sowie Umfang und Bedeutung seiner Tätigkeit gehören.
Zur Prüfung der Frage, ob der Ermessensspielraum überschritten wurde, kann auf Studien über Geschäftsführergehälter in vergleichbaren Unternehmen (z.B. BBE-Studie) zurückgegriffen werden.
2.2. Gesellschaftsrechtliche Treuepflicht
Angesichts des Ausnahmecharakters der Treuwidrigkeit einer Stimmabgabe bei dem Beschluss über die Vergütung eines GmbH-Geschäftsführers und des dargelegten Ermessens der Gesellschafter darf der Spielraum für die angemessene bzw. noch nicht treuwidrige Vergütung jedenfalls nicht enger gezogen werden als derjenige, den die höchstrichterliche Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs für die Fragestellung entwickelt hat, bis zu welcher Grenze ein Geschäftsführergehalt steuerrechtlich von den Finanzbehörden zu akzeptieren ist und ab wann es als verdeckte Gewinnausschüttung zu behandeln ist. Der Ermessensspielraum der Gesellschafterversammlung ist im Regelfall nicht überschritten, wenn nach den Maßstäben der finanzgerichtlichen Rechtsprechung noch keine verdeckte Gewinnausschüttung vorliegt.
2.3. Teilschichtige Geschäftsführertätigkeiten
Zu entscheiden ist aber, wie sich Teilzeittätigkeit eines Geschäftsführers in einer Gesellschaft (z.B. in der Besitzgesellschaft) im Verhältnis zu vollschichtigen Gehältern auswirkt.
Vergütungsabschläge für zeitlich eingeschränkte Geschäftsführung habe sich nicht ausschließlich an den tatsächlichen Arbeitstagen zu orientieren, die der Geschäftsführer für die einzelne von mehreren Gesellschaften aufbringen müsse. Sie kann nicht in direkte Beziehung zu den im Marktvergleich ermittelten Jahresgesamtvergütungen gesetzt werden.
Eine angemessene Bewertung mehrerer teilschichtiger Geschäftsführertätigkeiten für Teilgesellschaften oder einer nicht vollschichtigen Geschäftsführertätigkeit für eine Gesellschaft mit mehreren Aufgabenfeldern kann nicht aufgrund eines Quotenanteils der aufgewandten Arbeitstage zu den durchschnittlichen Jahresarbeitstagen vorgenommen werden, sondern aufgrund eines weniger weitreichenden prozentualen Abschlags vom Mediangehalt eines vollschichtig für eine Gesellschaft tätigen Geschäftsführers.
Unsere Empfehlung zur angemessenen Geschäftsführervergütung
Die Geschäftsführervergütung darf keinen ungerechtfertigten Vermögensvorteil des Geschäftsführers zum Nachteil der Gesellschaft und der Gesellschafter enthalten. Eine entsprechende Gegenleistung hat der Geschäftsführer zu erbringen.
Die Geschäftsführervergütung muss angemessen sein, wobei den Gesellschaftern ein weiter Ermessensspielraum bei der Beurteilung der Angemessenheit zusteht.
Die Geschäftsführervergütung muss den Anforderungen der gesellschaftsrechtlichen Treuepflicht standhalten. Dies ist sicher der Fall, wenn die Geschäftsführervergütung die Grenze zur verdeckten Gewinnausschüttung nicht überschreitet.
Teilzeitige Geschäftsführertätigkeit bei mehreren Geschäftsführerämtern z.B. im Konzern ist in die Prüfung angemessener und treuegemäßer Vergütung einzubeziehen. Quotenanteile der aufgewandten Arbeitstage in verschiedenen Gesellschaften zu den durchschnittlichen Jahresarbeitstagen sind keine Bewertungshilfe. Statt dessen sind prozentuale Abschläge vorzunehmen.
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